Der Spott der kleinen Dinge

Enddarm

von Lars von der Gönna

© Heiko Sakurai
Enddarm
 
Neulich hat mein Krankenhaus mich eingeladen. Früher wurde man eingewiesen, heute kann man schon mal so vorbeischauen. Alles wird freundlicher, dachte ich und suchte nach einer Krankheit. Mir fiel keine ein, da kniff ich die Augen zu, ließ die Broschüre am Daumen vorbeisausen und landete beim „Infotreff Enddarm“.
     Meine Mutter rief an. Ich erzählte, zu welchem dunklen Infotreff mich das Schicksal soeben verdammt hatte. Sie fragte, ob ich vom Affen in der Unterhose gehört hätte. Meine Mutter ist für Räuberpistolen sehr empfänglich. Und Affe in der Unterhose klingt wie Spinne in der Yuccapalme. Das sagte ich ihr.
     Meine Mutter schlug zurück, indem sie auf Berichte einer als hochseriös geltenden Regionalzeitung verwies. Sie sagte: „Der Affe sollte geschmuggelt werden, war aber nicht zollfrei. Da hat ihn der Inder in die Unterhose gesteckt.“
     Wenn Sie über 40 sind, wollen Sie von Eltern keine Nachhilfe mehr in Sachen Einfuhrerlaubnis. Ich fragte heuchlerisch, ob es ein Orang-Utan gewesen sei. Meine Mutter steckte sich eine Gauloises an, hustete und fragte, ob ich getrunken hätte. Ich log, daß ich meinen üblichen Acht-Uhr-morgens-Wodka beim unaussprechlichen Infotreff vergessen hätte.
     „King Kong“, sagte meine Mutter, „hätte es umgekehrt gemacht: Den Zöllner genommen, die Affenhose auf …“ Ich sagte, daß sie zu viel Filme schaue. Sie entgegnete, beim Tatort grundsätzlich einzuschlafen.
     Letztlich bleibt man sich fremd.
 


© Lars von der Gönna - Aus dem Buch „Der Spott der kleinen Dinge“
mit freundlicher Erlaubnis des Verlags Henselowsky Boschmann und der WAZ.