Der Spott der kleinen Dinge

Fitness

von Lars von der Gönna

© Heiko Sakurai
Fitness
 
Neulich wollte ich mich dopen. Wer ist schon gern Außenseiter? Es taten sich lediglich zwei Probleme auf: Ich wußte nicht, wofür. Und ich wußte nicht, mit was.
     Ein Freund, der sportverrückt ist, nahm mich beiseite. Er wählt FDP und sagt Sprüche wie: „Dein stärk-s-ter Muskel ist der Wille.“ Trotzdem mögen wir uns. Die Kunst der Männerfreundschaft besteht darin, sich nicht zu vergleichen, während nach meiner Beobachtung Zerrüttungen unter Frauen absolut unerhebliche Ursachen haben können, z. B. Fitnesstrainer, die aussehen wie Pep Guardiola. Frauen würden sich nie wegen antizyklischer Fiskalpolitik anschreien. Dafür liebe ich sie.
     Ich fragte den FDP-Freund nach einer Sportart. Er hielt mir unaufgefordert einen Vortrag über Spreiz-, Senk- und Plattfüße, alles auf mich bezogen. Ich entgegnete, ich hätte bloß zwei. Er beharrte. Ich nahm es nicht persönlich. Das ist ein reines FDP-Problem. Sättigungen werden nicht früh genug erkannt.
     Auf der Suche nach einem Doping-Rat rief ich meine Mutter an. Sie hat 42 Berufsjahre und lebt hauptsächlich von Gitanes, Kaffee und Erdbeermarmelade. Ich fragte nach Doping, sie parierte: Als Kind hätte ich mal nach einer unbedeutenden Gabe Eierlikör „Alle meine Entchen“ im Stil der Fischer-Chöre von mir gegeben. Ein wertloser Rat.
     Meine Mutter ergänzte, kürzlich zufällig Udo Lindenberg begegnet zu sein. Sie bat ihn um ein Autogramm. „Bis ‘n kurantes Mädel“, soll Udo entgegnet haben. Ich verwarf die Doping-Idee. Ohne Ziel kommt man ja irgendwie auch an.
 


© Lars von der Gönna - Aus dem Buch „Der Spott der kleinen Dinge“
mit freundlicher Erlaubnis des Verlags Henselowsky Boschmann und der WAZ.