Aus der Knabenzeit eines Westernhelden

„Martha Pfahl“ - Lucky Luke-Band 94

von Andreas Rehnolt

Blick in die Kinderstube
von Lucky Luke
 
Der inzwischen 94. Band der Abenteuer
des Kultcowboys zeigt zahlreiche Szenen

aus den Jugendjahren
von Lucky Kid
im Wild-West-Örtchen Nothing Gulch
 
Nothing Gulch/Köln - „Martha Pfahl“ lautet der Titel des 94. Bandes der Abenteuer von Kultcowboy Lucky Luke. Das Cover des im Ehapa-Verlag erschienenen Bandes zeigt den kleinen Lucky Kid dabei, wie er mit Hammer und Speitel einen Marterpfahl mit dem Konterfei seiner Tanta Martha im Wild-West-Örtchen Nothing Gulch herstellt. Für Text und Zeichnungen ist Achdé verantwortlich, der sich auch mit diesem Band auf den legendären Luke-Zeichner und -Texter Morris bezieht.
 
Und so gibt es für den Fan des kleinen Nachwuchs-Cowboys, der diesmal schneller die Stein-Schleuder zieht, als sein Schatten, zahlreiche faszinierende Einblicke in die Kinderstube des Westernhelden, die manchmal auch zeigen, daß selbst Lucky Luke einmal „Flegeljahre“ durchlebte, allerdings immer mit dem für ihn typischen Charme und stets ohne bösen Willen. Köstlich seine Erlebnisse mit den Spielgefährten Billy Bad, Joannie, Dopey und Lisette. Es sind zahlreiche kleine Episoden, nie länger als eine Seite.
Gleich zu Beginn versucht Lucky Kid seiner Angebeteten (tatsächlich!!) Joannie Holson einen Liebesbrief für den Ball am Valentinstag zu schreiben. Weil das Texten mißlingt, malt er schlicht mit wenigen Worten einen Steckbrief und setzt 1 Dollar Finderlohn auf sie aus. Der erste Versuch mit einer selbstgedrehten Zigarette endet mit einer ordentlichen Tracht Prügel von Tante Martha. Und der kleine Lucky wird ob seiner Weigerung, die Kleider vor dem Baden auszuziehen, mit ihnen zusammen in den Waschzuber gesteckt und auf die Leine gehängt.
Zwischendurch erfährt man als Leser unter anderem auch, daß Bananen aus Jamaika oder Mittelamerika zwischen Stroh und Eisblöcken verpackt bis in den Wilden Westen verschickt wurden. Oder auch das: Bis zur Ankunft der Spanier gab es in ganz Amerika nicht ein einziges Pferd. Die Indianer waren Fußgänger. Köstlich die kleine Episode, in der Lucky Kid gemeinsam mit seinem indianischen Freund Kleiner Kaktus mit einer Flasche Whiskey zum Medizinmann geht und ihn bittet dafür zu tanzen, daß die Lehrerin am nächsten Tag krank ist und die Schule ausfällt. Der Medizinmann trinkt die Opfergabe aus, fällt völlig betrunken um und fast zeitgleich klagt die Lehrerin über einen gewaltigen Kater und er herbeigerufene Arzt fragt: „Trinken Sie?“ 
Ganz am Ende des neuen Bandes gibt es sogar noch eine richtige kleine Geschichte über 5 Seiten. Da wird - kein verfrühter Aprilscherz - kurz vor Ostern doch tatsächlich ein Weihnachtsmärchen erzählt, indem der erwachsene Lucky Luke während einer winterlichen Nacht draußen in der Prärie sich zum kleinen Jungen verwandelt, Santa Claus begegnet und mit ihm gemeinsam eine größere Gruppe Apachen in die Flucht schlägt. Nein, nicht schlägt, sondern mit Schneebällen, die er mit einer Steinschleuder gezielt und treffsicher in Indianergesichtern plaziert.
 
„Martha Pfahl“ - Lucky Luke-Band 94
Ehapa Verlag Berlin/Köln - 46 Seiten - 2016
6,50 €  - Die gebundene Ausgabe kostet 12,- €
Weitere Informationen:  www.ehapa.de