Der Spott der kleinen Dinge

Doppelt Käse

von Lars von der Gönna

© Heiko Sakurai
Doppelt Käse
 
Neulich habe ich gehört, dass 80 Prozent der Affären im Büro beginnen. Ich dachte: 2016 ist dein Jahr, wer als erste reinkommt, ist dran. Es klopfte. Mir fiel die süße Schwatzhafte aus der Verwaltung ein, sie lispelt stark, hat aber Beine wie die Dietrich. Zugleich wollte mir beim Klopfen jene entzückende Praktikantin nicht aus dem Kopf gehen, die Theater zwar ohne h schrieb, aber sonst das reine Mannequin war. Sie hieß Suse und ihre Taille, die …
     Es klopfte. In der Tür stand Uwe. Uwe ist unser Bürobote und der beste Kollege der Welt. Er hat noch nie etwas Moralisches gesagt, wenn ich im Spätdienst eine Vesuvio mit doppelt Käse bestelle. Auch sind wir uns einig, daß man Sommertrends im Schuhbereich nicht kennen muß, wohl aber die Gründe für Teemu Pukkis ewigen Ersatzspielerstatus. Uwe gab mir die Post und ging. Wir hatten entschieden, daß es manchmal besser ist, zu den 20 Prozent zu gehören. Mit Uwe kann man das.
     Abends räumte ich den Christbaum ab. Es gab wieder neue Gutscheine. Diesmal einen für ein Fußpeeling, an dem angeblich echte Fische beteiligt sind. Ich legte den Gutschein zu den alten: „Fahrt zum Phantasialand“ (1997), „Pilates-Schnupperkurs“ (2008), „Ein ganzer Tag im Bett …“ (undatiert). Ich komme nicht mehr drauf, wer mir den mit dem Bett geschenkt hat. Das erschwert die Einlösung.
     Ich ging ins Bad. Im Spiegel sah ich einen müden Mann. Ich suchte den alten Gutschein „Gesichtsmassage mit Granatapfelöl“. Er war einfach nicht aufzufinden. Ob 2016 mein Jahr ist, wird man früher oder später sehen.


© Lars von der Gönna - Aus dem Buch „Der Spott der kleinen Dinge“
mit freundlicher Erlaubnis des Verlags Henselowsky Boschmann und der WAZ.