Zum Geburtstag eine Wundertüte

Eine Textauswahl des „Wuppertaler Literatentreffens“

von Martin Hagemeyer

Zum Geburtstag eine Wundertüte

Eine Textauswahl des „Wuppertaler Literatentreffens“
 
Fürs Schreiben gibt es viele Gründe. Diese Binsenweisheit gilt natürlich auch für das Wuppertaler Literatentreffen und die Motivation seiner Mitglieder. Zum 15. Jubiläum ist jetzt ein Lesebuch erschienen – Titel: „Von allen etwas“. 2001 initiiert durch Ulla Brouwer und bald kundig geprägt durch Dr. phil. Spieß, kommt der Kreis bis heute regelmäßig auf dem Elberfelder Ölberg zusammen, um Selbstverfaßtes vorzustellen und zu diskutieren. Hinzu treten Lesungen, inzwischen im „Café Ada“.
 
„Von allen etwas“ zeigt auf dem Einband kunterbunten Süßkram als Ausdruck der Vielfalt im Titel. Ohne also vor Lesebeginn viel Genaueres zu wissen als daß es unterschiedlich wird, mag man denn versucht sein, über die Motive zu mutmaßen. Die dreizehn Autorinnen und Autoren haben kurze Prosa sowie Lyrik versammelt. Manches liest sich als Verarbeitung prägender Erfahrungen, anderes als Artikulation aktueller Sorgen. Wer schreibt, „ist nicht mehr allein“, hat Karl Otto Mühl, dem Treff „freundlich verbunden“, ins Vorwort geschrieben, und auch das bezeichnet ja einen Ertrag für Autoren.
 
Aber warum eigentlich auf Spekulationen zur Entstehung kaprizieren, nur weil einem manche Autoren nichts sagen? Nicht nur durch die längst „Publizierten“ wie Angelika Zöllner (aktueller Roman: „Wenn das Gras schweigt“) oder Matthias Rürup (veröffentlicht auch online: www.dichtungen.matthias-ruerup.de) gilt: Mit etwas Unvoreingenommenheit hält der Leser ein Büchlein voller Entdeckungen in Händen.
Da verblüfft Martina Sprenger am Ende der Geschichte um einen Trickbetrüger, die man bis dahin auch als etwas biederen Schicksalsbericht hätte mißverstehen können. Ähnliches gilt bei „Schattenparadies“ von Renate Handge: Ein ungewöhnlicher Beitrag zum brisanten Thema „Migrant contra 'Moderne'“ – wenn man den Text nicht nur als Abrechnung mit dem Feminismus liest. Hella Matelskys Verse bergen enorme Kraft, wenn man sich denn einläßt auf Bilder und Tonfall: „Unter dem Teppich ist es still geworden, / Seit du fort bist […] Selbst die Spinnweben / an der Zimmerdecke / vibrieren nur noch, / wenn ich zum Lüften die Fenster öffne.“ Und manches mehr, das zu schade ist, nur im internen Zirkel zu kursieren.
 
Fazit: „Von allen etwas“ ist eine schöne Fundgrube zum Schmökern und Verschenken, eine Wundertüte im besten Sinn. Und ganz nebenbei eine gute Erinnerung daran, wie man einem Text eigentlich immer am besten begegnet: Indem man ihn selbst sprechen läßt.
 
Regine Radermacher, Matthias Rürup (unter Mitwirkung von Ulla Brouwer und Dr. U. Spieß): „Von allen etwas.“
Verlag von Dannen, Leipzig
© 2015 die Autoren, 163 Seiten, ISBN 978-3-937218-06-9.
6,90 €