Der Spott der kleinen Dinge

Sammeln

von Lars von der Gönna

© Heiko Sakurai
Sammeln
 
Neulich wollte ich mit dem Sammeln aufhören. Sammeln wird zuverlässig mit dem Begriff „leidenschaftlich“ gebraucht. Inoffiziell ist es die Umschreibung für „bescheuert“. Nie im Leben hatte ich vor zu sammeln, aber du entgehst dem nicht. Sammeln ist erblich, wie Tierliebe oder Glatze.
     Eine Tante gab alles für Pfefferstreuer. Pfefferstreuersammler treffen sich, wie jedermann weiß, jährlich in Oregon. Es gab einen Konkurrenten, der hatte 8.000 Streuer. Die Tante brach in wütende Tränen aus. Dann stellte sich heraus, dass die Hälfte der Sammlung Salzstreuer waren. Die Tante fing sich und erzählte hohnlachend von dem Chinesen, der 30 .000 Zigarettenschachteln sein Eigen nennt, aber nur ungern raucht. Ich verkniff mir die Bemerkung, daß sie voraussichtlich 1489 Jahre Rinderbraten würzen müsse, um ihren Streuern Sinn zu verleihen. Zu Sammlern dringt man nicht vor.
     Ich bin Sternzeichen Zwilling und entsprechend unstet. Mal habe ich Elefantenkrawatten gesammelt (drei), mal Dosen, die „Muh“ sagen. Je nach Blasebalg im Innern kann es auch „Mäh“ sein; Sammler werden sehr schnell Experten in eigener Sache. Mit Neid blickte ich jahrelang auf eine Dose, die „Miau“ machte. Natürlich war sie unverkäuflich.
     Um meine Sammlungen aufzulösen, hoffte ich auf Hilfe einer Frauenzeitschrift; Frauen suchen immer ein fehlendes Teil. An Elefanten und Muh-Dosen ist derzeit kein Bedarf. Eine Bautzenerin inserierte: „Sammle Clowns und alles über Howard Carpendale.“ Ich gab auf. Fürs große Ganze fehlt mir die Methode.
 


© Lars von der Gönna - Aus dem Buch „Der Spott der kleinen Dinge“
mit freundlicher Erlaubnis des Verlags Henselowsky Boschmann und der WAZ.