E-Postkarte aus Indien - 15.08.15

Als Arzt für 6 Wochen mit German Doctors in Kalkutta (1)

von Johannes Vesper

Sprechzimmer (8-16 Uhr) in Kalkutta - Foto © Johannes Vesper
Als Arzt für 6 Wochen mit German Doctors
in
den Slums von Kalkutta (1)

Die Ärzte von German Doctors helfen dort,
wo Hilfe am meisten benötigt wird.
 
Nach meiner Ankunft gestern besuchten wir ein voll belegtes, kleines Tbc-Hospital, in dem die Patienten wirklich miserabel untergebracht sind, obwohl das Krankenhaus vor ca. 70 Jahren mit einem Erweiterungsbau von vor 25 Jahren ursprünglich passabel angelegt worden ist. Bei durchschnittlich 30° Celsius selbst bei Nacht und fast 90% Luftfeuchtigkeit sowie einem ständigen feuchten Hautfilm finden Tbc, Malaria etc. „ideale“ Bedingungen. Behandlungsräume und Labor sind jetzt in einem beklagenswerten Zustand, die Röntgenanlage eine Ruine und die hygienischen Verhältnisse in den Sälen mit bis zu 20 Betten katastrophal. Für den Besuch haben wir Mahlzeiten für die Kranken mitgebracht. Ob dieses Krankenhaus in einen ordentlichen Zustand gebracht werden kann? Es wäre dringend erforderlich. Der indische Träger (Howard South Point) ist dabei auf hohe Spenden angewiesen. Auf dem ausgerissenen, großen gelbem Wandplakat am Eingang der Krankenhausanlage wird ermahnt: „Denke dran: Jede Minute stirbt in Indien ein Mensch an Tbc, und jeder Tbc-Kranke kann 10-15 weitere Personen anstecken. Suche das Hospital auf. Mit DOTS kann die Erkrankung gut behandelt werden.“
„DOTS“ (Direct observed Treatment, short course) wurde in den 70ern in Afrika erfunden, von WHO und Weltbank weiter entwickelt und gilt als einer der großen Durchbrüche bei der Behandlung der Tuberkulose. Dabei erhält jeder Patient an der Theke seine Medikamente und muß diese unter Beobachtung sofort einnehmen. Tbc Patienten erscheinen dafür also 3x/Woche im DOTS-Zentrum.
Das Tbc-Problem Indiens ist bei zunehmenden Resistenzen gewaltig und scheint trotz DOTS kaum lösbar. Moderne Medikamente, die in Europa bei nur schwierigsten Resistenzlagen als Mittel der Reserve eingesetzt werden, sind hier ohne Rezept zu Billigpreisen in den Apotheken zu erhalten und die Wohnbedingungen in den Slums mit vielen Menschen auf engstem Raum ohne jede Möglichkeit zu adäquater Hygiene fördern ideal die Ausbreitung.

Kalkutta, Das "Labor" des Krankenhauses - Foto © Johannes Vesper


Krankensaal (20 Betten) in Kalkutta - Foto © Johannes Vesper


Kalkutta, Patientin - Foto © Johannes Vesper

Morgen beginnt die Arbeit in den Ambulanzen der Slums.
Ich bin gespannt.

Herzliche Grüße aus Kalkutta.
Dr. Johannes Vesper