Das Erika-Fuchs-Haus eröffnet am 1. August

Museum für die Ikone der deutschen Donald-Duck-Geschichten

von Andreas Rehnolt und Frank Becker

Dr. Erika Fuchs an ihrem 80. Geburtstag, natürlich am Schreibtisch - Foto © Egmont Verlag

Das Erika-Fuchs-Haus eröffnet am 1. August
 
Im oberfränkischen Schwarzenbach a.d. Saale
erhält die langjährige Textchefin von Donald Duck
und den übrigen Entenhausener Persönlichkeiten
ein eigenes Comic-Museum

 
Von Andreas Rehnolt und Frank Becker
 
Entenhausen/Schwarzenbach a.d. Saale - Erika Fuchs, die langjährige Übersetzerin der Donald Duck-Geschichten von Carl Barks und Grande Dame des deutschsprachigen Comics, verfügt ab dem 1. August über ein eigenes Museum in ihrer langjährigen Heimatstadt Schwarzenbach a.d. Saale in Oberfranken. Museumsleiterin Alexandra Hentschel teilte mit, daß das Erika-Fuchs-Haus als Museum für Comic und Sprachkunst zehn Jahre nach dem Tod von Fuchs seine Pforten öffnet. Die 1906 geborene Fuchs war auch viele Jahre Chefredakteurin des Micky Maus Hefts, später Magazins.


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Dabei wird das schlichte Wort Übersetzerin der großen Dame des Entenhausener Humors nicht wirklich gerecht. Denn sie schuf manche Worte einfach neu. Über 40 Jahre übersetzte die Kunsthistorikerin, die über das Rokoko promoviert hatte, vor allem die von Ur-Vater Carl Barks geschaffenen Wort-Bild-Geschichten um Donald Duck, seinen steinreichen Geldonkel Dagobert, Micky Maus, den genialen Erfinder Daniel Düsentrieb und alle anderen Bewohnern dieses Parallel-Universums. Zudem verdankt die Deutsche Organisation nichtkommerzieller Anhänger des lauteren Donaldismus (D.O.N.A.L.D.) der von ihren Mitgliedern höchlichst verehrten Wortschöpferin ihre Hymne (s.u.)

 
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Erst ab 1951, in ihrem 45. Lebensjahr, machte sie das, wofür die Götter sie bestimmt hatten. Als Chefredakteurin des Micky-Maus-Hefts war Fuchs so etwas wie der Daniel Düsentrieb der Übersetzerzunft. Dabei setzte sie von Anfang an nicht auf Werktreue, sondern auf sprachlich überbordende Erfindungskraft und ihre berühmt gewordenen Onomatopöien. Nicht selten ließ sie sich dabei vom Gesichtsausdruck der Entenhausener Akteure leiten. Die Frau, die den unsterblichen Einwohnern des amerikanischen Duckburgh die deutsche Sprechblasensprache beibrachte, hatte übrigens bis zu ihrer Bekanntschaft mit der wohl berühmtesten Ente der Welt nach eigener Einlassung „noch nie ein Comic-Heft in der Hand gehabt“.


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„Mit ihren Wortschöpfungen, Sprachspielereien und dem Einstreuen klassischer Zitate trug sie wesentlich dazu bei, daß sich Comics auch in Deutschland vom einstigen Schmuddel-Image zu einer eigenständigen, lebendigen Kunstform entwickeln konnten“, so Hentschel. Vor allem die tiefe Melancholie Donald Ducks lag ihr dabei stets am Herzen. Unsterbliche Sätze, Topoi des Genres stammen aus ihrem Wort-Labor. Das Museum zeigt unter anderem Original-Objekte wie Manuskripte, Schreibmaschine und Notizbuch, die Einblick in die Arbeitsweise von Fuchs ermöglichen. Interaktive Stationen laden dazu ein, ihre Sprachkunst spielerisch nachzuempfinden.


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Ein Höhepunkt für Kinder ist sicherlich das auf 130 Quadratmetern begehbare Entenhausen einschließlich „Talerbad“ im Geldspeicher von Dagobert Duck. Der für seine Sparsamkeit - andere nennen es Geiz - berühmte Dagobert beteiligte sich natürlich nicht an der Finanzierung des Museums. Die Investitionskosten von rund 5 Millionen Euro konnten zu fast 90 Prozent über Fördermittel gedeckt werden. Eine gut bestückte Comicbibliothek gibt Gelegenheit zum Schmökern und Studieren. Ein interaktiver Stadtplan zeigt zudem, welche realen Orte in Oberfranken Einzug in den Duck-Kosmos gefunden haben. Etwa die Orte Schnarchenreuth, Großschlappen oder Schnabelwald.

 
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Donald und seine Dauerfreundin Daisy, der Glückspilz Gustav Gans und all den anderen Entenhausenern brachte Fuchs durchaus intelligente und gehobene Sprechweisen bei. Donald etwa zitiert Klassiker als Ausgleich für sein lädiertes Ego. „Herbei, herbei, ihr Herren! Ein köstlich Bad ist bereitet“ oder „Weh mir, weh mir Armem! Welch schrecklich Unheil dräuet mir. Verloren bin ich, ganz verloren“. Seine drei Neffen Tick, Trick und Track plappern meist in nicht ganz vollständigen Kindersätzen und benutzen Teenager-Slang.
 
 
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Aber auch sie beherrschen Klassiker. Wenn sie frei nach Schillers Wilhelm Tell zum Schwur antreten und erklären: „Wir wollen sein ein einig Volk von Brüdern. In keiner Not uns waschen und Gefahr,“ dann verband Fuchs hier den Entenhausener Vorgarten der Ducks mit der berühmten Rütli-Wiese am westlichen Ufer des Urnersees, eines Arms des Vierwaldstättersees in der Schweiz, wo der Legende nach das „ewige Bündnis“ der drei Urkantone Uri, Schwyz und Unterwalden geschlossen wurde. Den Namen der Hexe Gundel Gaukelei, die stets wild auf Dagobert Ducks ersten Glückszehner ist, schuf sie aus einer Zusammensetzung der Worte „Gaukeln“ und „Loreley“. Damit setzte sie nicht zuletzt auch den Dichtern Clemens Brentano und Heinrich Heine, die sich beide mit der Loreley befaßt hatten, ein Comic-literarisches Denkmal.
 

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Wenn aber gar nichts mehr geht, dann reichte der großen Duck'schen Dolmetscherin auch schon mal ein einfaches, geseufztes „Fnf!“ als Ausdruck der Erschöpfung. Überhaupt gibt es da natürlich auch noch den von ihr gekürten „Erikativ“ in den Bildergeschichten. Während es Worte wie „klirr“ und „bums“ schon vor ihr gab, schuf sie etwa mit „seufz“, „grübel“, „schluck“, „würg“ oder „schnorch“ völlig neue Verben. Die Tätigkeit des Übersetzens der Duck-Geschichten bis ins hohe Alter hinein hat Fuchs nach eigenem Bekunden jung gehalten, wie „Entenvater“ Carl Barks auch. Der wurde 99 Jahre, Erika Fuchs stolze 98. Wenn es in Entenhausen einen Friedhof geben würde, müßten beide dort beerdigt sein. Doch was in aller Welt sollte ein Friedhof in Entenhausen? Die Geschöpfe in dieser Comicmetropole sind schließlich allesamt unsterblich.
 
Am 1. August öffnet das Erika-Fuchs-Haus/Museum für Comic und Sprachkunst mit einem Tag der offenen Tür ab 11 Uhr. Ab dem 2. August ist dann täglich außer Montag von 10 bis 18 Uhr geöffnet. Der offizielle Festakt zur Einweihung folgt nach den bayerischen Sommerferien, hieß es. Dafür hat Oma Duck selbstverständlich einen Gugelhupf gebacken.

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Erika-Fuchs-Haus/Museum für Comic und Sprachkunst
Bahnhofstraße 12 - 95126 Schwarzenbach a.d. Saale -
Tel: 09284-933-13
 



Redaktion: Frank Becker


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Alle Zeichnungen © Disney, mit freundlicher Erlaubnis in den Musenblättern
Die Geschichten um Donald Duck und Entenhausen erscheinen sämtlich im Egmont Ehapa Verlag