Theater zum Schmökern und Erinnern

Katrin Adam/Ernst-Wilhelm Bruchhaus – „Else Lasker-Schüler: Die Wupper. Eine Reise ins Innere der Stadt.“

von Martin Hagemeyer

Theater zum Schmökern und Erinnern

Zur aktuellen Inszenierung von
Else Lasker-Schülers „Die Wupper“

am Wuppertaler Schauspiel
ist ein Begleitband erschienen
 
„Die Wupper“ von Else Lasker-Schüler, genauer die neue Produktion der Wuppertaler Bühnen mit eigenem Untertitel, nämlich „Eine Reise ins Innere der Stadt“: Dieses groß angelegte Projekt erfährt nun auch eine seltene publizistische Würdigung. Der Bergische Verlag legt ein schönes Begleitbuch vor; Autoren sind Katrin Adam und Ernst-Wilhelm Bruchhaus vom Verlag. Mit viel Arbeit und Herzblut halten sie die außergewöhnliche Inszenierung in Wort und Bild fest.
 
Das Buch hat etwas von einer Luxus-Edition mit Bonusmaterial. Es erscheint fest eingebunden, in Weiß und fast quadratisch. Im Inneren finden sich rund um den abgedruckten Werktext Beiträge zum Hintergrund, großenteils von den Autoren für den Band verfaßt. In der zweiten Hälfte sind das biografische Notizen zur Dichterin, allgemeine Ausführungen zum Stück und seiner Geschichte, sowie dazwischen knapp zehn Seiten zu verschiedenen Bezügen zwischen Lasker-Schüler und Wuppertal: Außer ihrer Geburts- und Wohnadresse kommen auch der jüdische Friedhof oder die nach ihr benannte Gesamtschule zur Sprache.
 
Den Hauptteil vor dem Stückabdruck ergibt aber der Abschnitt zur aktuellen Inszenierung. Fotos zeigen die Spielorte sowie einzelne Szenen. Visuell von eigentümlichem Reiz sind im Stückteil übrigens Zeichnungen von Wiebke Windhagen, die einzelne Momente zart und stimmungsvoll wiedergeben. In den Texten kommen beteiligte Künstler zu Wort: Neben einem Essay des Regisseurs Stephan Müller gibt es Interviews mit zwei Darstellern, nämlich Anuk Ens (Rollen: Frau Charlotte Sonntag und Amanda Pius) und Thomas Braus (Rollen: der gläserne Amadeus und Dr. Bruno von Simon).
Diese Künstlerpassagen enthalten die wohl denkwürdigsten Aussagen des Buchs – was die Autoren ihnen auch respektvoll einräumen. Stephan Müller versteht sein Vorgehen gewählt und pointiert zu reflektieren – zur Wirkung der Spielorte schreibt er: „Es entstehen so im geglückten Fall wundersame Symbiosen von Vorgefundenem und Hergestelltem.“ Beide befragten Schauspieler geben ebenfalls lesenswerte Einblicke in ihr Tun – Anuk Ens: „Wir müssen uns blitzschnell auf den Ort einstellen, auf den Punkt da sein. Das ist wie körperliche, stimmliche und seelische Gymnastik.“ Vieles davon ist aber grundsätzlich nicht nur für „Die Wupper“ relevant, sondern gilt für Theaterarbeit überhaupt – etwa wenn Thomas Braus die Entwicklung von Rollen im Probenverlauf beschreibt.
 
Zum gesamten Buchprojekt möchte man daher resümieren: Gerade weil viel Interessantes für weniger schillernde Produktionen genausogut gesagt werden könnte, hebt auch die Verewigung in Buchform die Inszenierung über andere sehr hinaus. Wer dem enormen Gewese um diese „Wupper“ von Anfang an etwas skeptisch gegenüberstand, der mag auch den Sonderweg hin zum eigenen Buch zwiespältig finden – der Schritt ging zwar vom verdienstvollen Autorenduo aus, wirkt aber nur passend zur allgemein erhöhten Aufmerksamkeit. Insgesamt empfiehlt sich der Band „Die Wupper“ als schöne Dokumentation eines Stücks wie auch als Fundgrube für künstlerische Grundeinsichten.
 
Katrin Adam/Ernst-Wilhelm Bruchhaus – „Else Lasker-Schüler: Die Wupper. Eine Reise ins Innere der Stadt.“ 'ein theaterbuch'
© 2015 Bergischer Verlag, 126 Seiten, gebunden – ISBN 978-3-943886-89-4
18,99 €
 
Weitere Informationen: www.bergischerverlag.de/