Der schöne Schein ist schnell dahin Eugene O´Neills Drama „Eines langen Tages Reise in die Nacht“ in einer Inszenierung von Uwe Eric Laufenberg am Potsdamer Hans Otto Theater
O´Neills 1956 uraufgeführtes Stück mündet in dreieinhalb aufregenden Stunden in eine quälende Hoffnungslosigkeit – und begeistert. O´Neill bricht in diesem Stück schonungslos die letzten schützenden Hüllen seiner Figuren auf, entblößt ihre verwundeten Seelen und überlässt sie ohne Erbarmen ihrem unausweichlichen Schicksal. James Tyrone (Roland Kuchenbuch) war Schauspieler. Einst genial als Othello, doch erfolgreich
Dreieinhalb Stunden Theater mit vier halt- und hoffnungslosen Personen, nahezu ohne Handlung, mit erbarmungslos unter die Haut gehenden Dialogen. Geht das, hält man das aus? Die Antwort ist schlicht: Ja. Ja, denn Stoff und Darsteller stimmen. Uwe Eric Laufenberg hat Eugene O´Neills wortgewaltiges, stark autobiographisch gespeistes Drama 50 Jahre nach seiner deutschen Erstaufführung inszeniert. Mit vier großartigen Schauspielern ist ihm ein Kammerspiel von hoher Intensität gelungen, ein Theatererlebnis, das den Zuschauer in ein Wechselbad von Emotionen taucht, nein: stürzt, eines das man nicht abhakt, ein Abend der einem nachgeht. Als betörendes Thema zieht sich John Coltranes melancholischer Cool Jazz „Soul Eyes“ durch die Inszenierung, schafft Ruhe, wo die Gemüter aufgewühlt sind, liegt wie eine segnende Hand über dem Geschehen. Vier zerstörte Menschen, die ihre bürgerliche Anständigkeit nach außen behaupten, entblößen sich im Verlauf kompromissloser Auseinandersetzungen und Monologe. Im Zusammenprall der vier Charaktere wird unendliche Liebe zueinander sichtbar, die durch scheinbar unabwendbaren Hass verätzt wird. Keiner scheint den anderen zu brauchen, doch nicht einer wird ohne die anderen überleben können. Eugene O´Neill hat sehr genau die zerbrochene Familie seiner Eltern aufgezeichnet. Nicht ohne Grund gibt er dem gestorbenen Sohn der Tyrones seinen eigenen Namen und zitiert in James Tyrone seinen Großvater. Es gibt kein Licht, nicht an dem einen qualvollen Tag, der uns vorgeführt wird, nicht an irgend einem anderen in diesem kaputten Leben. Für keinen von ihnen. Sie sind wie die Nebelhörner, die vom Fluss her dumpf die Nacht durchdringen. Keine Hoffnung auf ein besseres Morgen, einen letzten, sicheren Hafen. Sie zerfleischen sich, hadern mit sich, den anderen, dem Schicksal - und quälen sich einem neuen Tag entgegen. Edmund zitiert Baudelaire: „Ihr müsst immer betrunken sein – berauscht euch ohne Unterlass...“ Sie halten sich daran.
Weitere Informationen unter: www.hansottotheater.de |