Gustav Holst „Die Planeten“

Fabelhaftes Konzert für junge Leute in Essen

von Peter Bilsing

Clemens Schuldt - Foto © Chris Christodoulou
Gustav Holst „Die Planeten“
Fabelhaftes Konzert für junge Leute in Essen
 
Liebe Konzertfreunde, verehrte junge Leser!
 
Um es gleich vorweg zu nehmen - mit der Bitte um lebenslange Beachtung: Gustav Holsts „Die Planeten“ (1916) klingen nicht wie Filmmusik. Filmmusik klingt wie Holst!
Und es ist schon fast egal, welchen Film ich hier zitiere - pars pro toto Weltwerke wie Star Wars oder den Herr der Ringe - in unzähligen weiteren Filmen wurde im Laufe der letzten fast 100 Jahre von diesem fabelhaften Orchesterwerk „abgekupfert“, wenn nicht von Wagner (Monumentalfilme) oder auch Respighi (überwiegend Sandalenfilme). Es gab auch richtig tolle klassische Komponisten, wie z.B. Erich Wolfgang Korngold (bekanntestes Opern-Werk: Die tote Stadt), die nach ihrer Vertreibung aus Nazideutschland dann in Hollywood tatsächlich hochwertige Filmmusik geschrieben haben. Oder weltbekannte Filmmusikkomponisten, wie Bernhard Herrmann (1911-75), der auch unter anderem eine wunderbare Oper (wie Wuthering Heights z. Zt. als Megararität und DE in Braunschweig zu erleben) geschrieben hat. Ein weites Feld ist diese Filmmusik, nur sollte man ihre Wurzeln kennen. Wegen des hochinteressanten Themas lohnt es sich, meinen Verlinkungen am Schluß nachzugehen. Viel Vergnügen!
 
Nicht hoch genug zu loben ist die Mühe, die man sich an der Essener Philharmonie mit diesem „Konzert für junge Menschen ab 10 Jahren“ gegeben hat. Nicht nur die Auswahl des insgesamt mit 50 Minuten (reine Musik gerechnet) leicht rezipierbaren Opus in sieben Teilen ist exemplarisch, sondern auch die Präsentation war vorbildlich gelungen.
Die gut und jugendgerecht vorbereitete Moderation - bei solchen Jugendkonzerten unabdingbar - von Klaus Kauker war vorbildlich. Weder warf er sich an die jungen Menschen plump heran, noch schwatzte er Überflüssiges in Oberlehrermanier. Kauker kam auf den Punkt, erklärte auf sympathische Art das Wesentliche und ging auch auf wichtige Dinge ein, wie das Abschalten von Handys, dem diesmal nach den jeweiligen Sätzen ausdrücklich „erlaubten“ Zwischenbeifall, die seltenen Instrumente auf dem Konzertpodium und die wichtige Bedeutung des Hörens. „Bitte klatscht am Ende von Neptun nicht sofort los. Hört auf die Sphärenklänge, lauscht in die Ruhe einmal konzentriert hinein, dann könnt ihr wirklich das Weltall klingen hören. Viel Spaß!“ Und die jungen Menschen folgten ihm, denn nach den Sphärenklängen des vortrefflichen Aalto-Mädchen- und des Kammerchores (deren Stimmen natürlich wie vorgeschrieben aus den lichten Höhen der Philharmonie erklangen) gab es gut 15-sekündiges totales Schweigen und eine Konzentration, daß man die sprichwörtliche Stecknadel hätte fallen hören können. So etwas habe ich bei einem Erwachsenenkonzert selten erlebt.
 
Daß die Essener Philharmoniker (Leitung: Clemens Schuldt) in großer Formation mit gut 125 Musikern hier in der von Holst vorgesehenen Originalbesetzung blendend aufspielten ist lobenswert und erinnerte mich ein wenig an die fabelhaften „Young People´s Concerts“ des legendären Leonard Bernstein - einem Meilenstein in der musikpädagogischen Arbeit, wo der große Dirigent und Komponist (u.a. „West Side Story“, „Candide“, „On the Town“) mit dem New York Philharmonics bahnbrechende Jugendarbeit leistete. „Man kann junge Menschen nur für die Klassik gewinnen, wenn man ihre Ohren auch am besten Orchester schult, was verfügbar ist“ (frei zitiert). Und die New Yorker sind auch heute noch eines der weltbesten Orchester.
Zusätzlich wurde in der Essener Philharmonie hinter dem Orchester die große Kinoleinwand aufgespannt und man präsentierte eine sehr phantasievolle „Visualisierung“ von Elke Swoboda, an der teilweise auch Schüler mitgearbeitet hatten. Ja, liebe Puristen - ich höre sofort Eure Einwände, die ich zugegebener Maßen vorher auch hatte - das alles lenkt doch viel zu sehr vom Orchester und vom Hören ab! Aber an genau das hatten die klugen Programmgestalter auch gedacht! Alles war didaktisch perfekt: Die Bilder erschienen daher nur sequenzweise und nicht die ganze Zeit; die Konzentration auf das famose Orchester war überwiegend gegeben. Ein vorbildlicher Konzertabend, zu dem ich meine Kritik mit den Worten beschließen möchte:
Bravo! Nur so und mit solch perfekter Programmauswahl kann man unsere Jugend für Oper und Konzert gewinnen und nachhaltig begeistern. Bitte mehr davon! Ich denke da spontan an Smetanas „Moldau“ wenn nicht gleich an den ganzen Zyklus.
 
Peter Bilsing 22.3.15
Bilder: Philharmonie Essen / DG
 
Programmabfolge
Gustav Holst (1874 - 1934) „Die Planeten“ Suite für großes Orchester, op. 32
(Verlinkung zu empfehlenswerten Aufnahmen):
1. Mars, der Kriegsbringer
2. Venus, die Friedensbringerin
3. Merkur, der geflügelte Bote
4.Jupiter, der Bringer der Fröhlichkeit
5. Saturn, der Bringer des Alters
6. Uranus, der Magier
7.Neptun, der Mystiker