Godesberg

von Konrad Beikircher

Foto © Frank Becker
Godesberg
 
„So wie man sich schwerlich Paris ohne das nahegelegene Versailles vorzustellen vermag, so kann es heute kein Bonn ohne Bad Godesberg geben“ hat 1962 der französische Botschafter ins Bad Godesberger Gästebuch (damals gab es das noch) geschrieben. Also ich dät sage: ICH WEISS ET NIT! Paris - jo! Ewwer Versailles?
 
Bad Godesberg - eine Enklave mitten im Rheinland.
 
Mische ich die Abgeschiedenheit von Bad Oeynhausen mit der pseudomondänen Boutiquenwelt von Baden-Baden und gebe eine kleine Prise Hochrheinisch dazu, erhalte ich Bad Godesberg. Der Unterschied zwischen Bonn und Bad Godesberg ist der zwischen einem Kölsch und 1989er Johannisberg im Römer. Nix gegen Johannisberg - wer’t mag! Godesberg - und damit meine ich nicht Schweinheim, nicht Muffendorf oder Lannesdorf, diese rheinischen Perlen, sondern quasi Godesberg Mitte - ist Rheinland mit Handschuhen. Ei bißje rheinisch es et, ewwer...
Bad Godesberg wäre ideal zum Eingewöhnen, wenn einer vorhat, ins Rheinland zu ziehen. Bönnsch in homöopathischer Dosierung, Flair, wie man es von anderswo her kennt, nur halt: alles ei bißje ruhiger. Was daran liegen mag, daß Godesberg im letzten Jahrhundert  bei den hohen preußischen Beamten absolut in war. Reihenweise haben sie sich hier zur Ruhe gesetzt und das merkt man heute noch. Selbst die jungen Leute bewegen sich auf dem Theaterplatz anders als ihre Altersgenossen im Bonner Loch oder auf der Kölner Domplatte. Sie tragen eben Doc’s, natürlich Martens, eye glasses und nicht Sonnenbrillen, natürlich von Ray Ban, und Jeans, aber natürlich nur Levi’s. Wie jesagt: schön un jot, ewwer...
 
Andererseits: willse machen. Im Städtchen Godesberg waren immer schon die feineren Leute: die Wittelsbacher, auf deren Konto die Sprengung der Godesburg geht, die ganzen Rheinromantiker im letzten Jahrhundert, weil hier die klassische Rheinreise begann, die eingangs erwähnten preußischen Pensionäre, un övverhaupts die Lück met jet an de Fööß. Ich sage ‘Städtchen’, weil ich damals schon gegen die Umbenennung in ‘Bonn 2’ war und es nach wie vor bin. Heute noch schreibe ich ‘Bad Godesberg’ auf den Umschlag, zur Freude der dortigen Briefträger. Einerseits weil ich gegen diese Verwasserkopfung der Verwaltung bin, welche die Gebietsreform in den 70ern mit sich gebracht hat, zum anderen, weil ich für Eigenständigkeit bin. Und damit mich die Godesberger nicht erschlagen, sage ich auch: ab und zu bin ich gerne in Godesberg. Es ist so erholsam anders als Bonn. Und: man sieht keine Bonner dort. Die B 9 muß irgendwo eine unsichtbare Grenze haben, die verhindert, daß die Bonner dorthin und die Godesberger hierhin fahren. Und: in Godesberg sind hervorragende Italiener, der beste Marokkaner und der landesweit beste Japaner. Nur: wenn der französische Botschafter von Versailles sprach, steckt da auch eine kleine Häme drin. Man weiß ja, daß das Schloß Versailles keine Toiletten hatte. Und wo haben die weißgepuderten Adligen und Ludwig XIV. ihre Geschäfte verrichtet? Sie werden es nicht glauben: in den Fluren dieses Schlosses. Jot, alle Vergleiche hinken, aber gehen Sie doch mal spaßeshalber durch den Kurpark in Godesberg... Ein Trost: Berlin hat pro Tag 16 Tonnen Hundedreck zu entfernen. Also so schlimm es et in Jodesberg nit! Mit einem Wort, Bad Godesberg ist Klasse, in jeder Hinsicht.
 
Viel Spaß un övverhaupts.
 
Ihr
Konrad Beikircher   


©  2014 Konrad Beikircher für die Musenblätter
Redaktion: Frank Becker