Die Sehnsucht läuft uns immer hinterher

Stefan Zimmermann inszeniert Elizabeth von Arnims „Verzauberten April“

von Frank Becker

v.l.: Diana Gantner, Stefanie Stroebele, Christiane Hammacher

Glyzinien und Sonnenschein
oder
Die Sehnsucht läuft uns immer hinterher
 
Das Münchner a.gon Theater beschert
einen liebenswerten „Verzauberten April“
 
 
Schon vor einem halben Jahr überzeugte Stefan Zimmermann bei einem Gastspiel seiner Inszenierung von „Zusammen ist man weniger allein“ mit leichter Hand die Remscheider Theaterbesucher. Viele werden sich daran erinnert haben, als sie es sich am vergangenen Freitagabend für die romantische Komödie „Verzauberter April“ nach einer Erzählung von Elizabeth von Arnim in den Sesseln des wunderschönen Teo Otto Theaters (übrigens eine traumhaft restaurierte Stil-Ikone der Fünfziger Jahre) bequem machten.  
 
London, 1922: Lotty Wilton (brillant quirlig und echte Begeisterungsfähigkeit ausstrahlend: Diana Gantner) ergreift, als sie im Damenclub Rose Arnott (subtil bigott und klarsichtig scharfzüngig: Stefanie Stroebele) kennenlernt, für beide die Initiative, einen lange gehegten heimlichen Traum zu verwirklichen, dem Londoner Regen und für kurze Zeit dem Einerlei von Alltag und Ehe zu entfliehen. Für vier Wochen mieten sie gegen den Widerstand ihrer Ehemänner gemeinsam mit der energisch-skurrilen Witwe Mrs. Graves (köstlich herablassend und wunderbar grob: Christiane Hammacher) und der vom Salon gelangweilten undurchschaubaren Lady Caroline (zerbrechlich geheimnisvoll: Katharina Haindl) ein Schlößchen am Meer in Italien. Sonnenschein,  einen Garten voller Glyzinien, Ruhe und keine Männer – mehr wollen die vier Damen nicht.
 
Doch aus der kleinen Flucht vor den gesellschaftlichen Zwängen wird in dieser spritzig intelligenten und tiefgründig heiteren Komödie mit klugen Dialogen und dramatischen Momenten von Rang für alle Beteiligten, die Männer eingeschlossen, das Erlebnis der Läuterung, ein Wiederfinden des Ich und des wirklichen Glücks. Irrtümer werden aufgeklärt, zwei Ehen gerettet und gefestigt, eine Liaison scandaleuse unauffällig beendet, einem neuen Glück wird eine Chance gegeben.  Matthew Barber hat seine Bühnenfassung der Erzählung „Enchanted April“ von Elizabeth von Arnim mit allen Elementen des gehobenen Boulevard und des klassischen Dramas ausgestattet. Die deutsche Fassung von Frank-Thomas Mende steht dem nicht nach. Wo der leise Humor einmal mit einer Prise Klamauk aufgepept wird, bleibt es dennoch seriös und unaufdringlich. Natürlich müssen die Herren hier hinter die Damen zurücktreten, doch wärmt Johannes Pfeifers Verkörperung des Schloßherren und sympathischen Lebenskünstlers Anthony Wilding das Gemüt, gibt Titus Horst als Schriftsteller Frederick Arnott einen vorzüglichen Bonvivant und weiß auch Oliver Kamolz als sich wandelnder Mellersh Wilton zu überzeugen.


Titus Horst, Stefanie Stroebele
 
Auf den Punkt genau und sensibel arbeiteten die Darsteller einen wie den anderen die Charaktere greif- und begreifbar heraus, daß es eine Freude war. Von Stefan Zimmermann in einem guten Dutzend Bilder äußerst elegant und federleicht vor erdrückendem Londoner Dauerregen und vom milden Licht des Südens durchfluteter zauberhafter Italien-Kulisse (Bühne: Florian Leitl) in Szene gesetzt, wurde der Abend zum zu Recht gefeierten Erfolg.
 
Weitere Informationen: www.a-gon.de