„Ich fordere den Zufall heraus“

Zahlreiche Ausstellungen zum 100. Geburtstag von Karl Otto Götz

von Andreas Rehnolt

Foto © Frank Becker

 

„Ich fordere den Zufall heraus“
 
Der Maler K. O. Götz begeht am 22. Februar seinen 100. Geburtstag.
Zahlreiche aktuelle Ausstellungen würdigen sein Werk.
 
Von Andreas Rehnolt
 
Wolfenacker/Aachen/Duisburg - Er ist im wahrsten Sinne des Wortes ein Jahrhundertkünstler. Der in Aachen geborene Maler Karl-Otto Götz, der am 22. Februar in Wolfenacker im Westerwald seinen 100. Geburtstag begeht. 80 Jahre davon hat er mit Malerei verbracht. K.O. Götz, wie er sich selber nennt, entdeckte mit 18 Jahren das Werk des russischen Malers Wassily Kandinsky und begann mit Farbe zu experimentieren. Er gilt als Meister des Informel (nicht an eine Form gebundene Kunst), eines Genres, das nach den traumatischen Erfahrungen des Zweiten Weltkriegs entstand und die auf der Suche nach neuen bildnerischen Ausdrucksmöglichkeiten war.
Götz fand eher zufällig im Jahre 1952 zu einer gänzlich neuen Maltechnik. Er trug mit unterschiedlich großen Pinseln auf die mit Kleister versehene Leinwand Farbe auf, um sie dann blitzschnell durch einem Schieber aus Gummi oder Stahl (Rakel) wieder wegschleudern oder -rakeln zu können. Mit dieser Technik wurde Götz zum ersten deutschen Action Painter. Aus Anlaß des runden Geburtstages würdigen zahlreiche Museen in Deutschland Person und Werk des Jubilars mit großen Ausstellungen. So läuft noch bis zum 2. März in der Berliner Nationalgalerie eine Werkschau, die ab dem 21. März auch im Museum Küppersmühle in Duisburg und später im Jahr im Museum Wiesbaden zu sehen ist. Am 21. März startet zudem im Museum Kunstpalast in Düsseldorf eine Ausstellung mit Bildern, Fotografien und Dokumenten zu Götz.
 
In Aachen zeigt das Suermondt-Ludwig-Museum seit dem 2. Februar die Ausstellung „Gemälde und Nebenwege“ als Jubiläumsausstellung zu Götz. Die Kunstsammlungen Chemnitz eröffnen am Geburtstag des Malers eine Ausstellung mit 148 seiner Werke. Auch in Koblenz und Hilden sind Schauen terminiert. Und das Arp-Museum in Remagen feiert den Künstler voraussichtlich im April mit einem Festakt für geladene Gäste mit der rheinland-pfälzischen Ministerpräsidentin Malu Dreyer. Ob Götz selbst an einer Ausstellungseröffnung ihm zu Ehren teilnehmen kann, ist fraglich. Er ist in den letzten Monaten schwach geworden und auch fast völlig erblindet. „Wir haben vor ins Arp-Museum zu kommen, ob es dann auch wird, hängt immer vom Gesundheitszustand ab“, meinte Götz´ Ehefrau, die Malerin Rissa zum epd.
 
K. O. Götz hatte bereits ein künstlerisches Leben, bevor er zum Meister des Informel wurde. Er studierte an der Kunstgewerbeschule in Aachen und später an der Dresdner Kunstakademie. 1933 schuf er seine ersten abstrakten Arbeiten und experimentierte zudem mit Film und Fotografie. Trotz Mal- und Ausstellungsverbot unter den Nationalsozialisten malte er heimlich weiter. 1941 etwa seine „Luftpumpenbilder“, bei denen er Aquarellfarbe durch Stöße aus der Luftpumpe auf den Bildträger verteilte und danach weiterbearbeitete. Nach dem Zweiten Weltkrieg hatte Götz in Wuppertal im Studio Rasch seine erste Einzelausstellung.
Reisen und Ausstellungen in Paris, Amsterdam und Frankfurt/Main folgten. Am 7. September 1952 malte er sein letztes Ölbild, danach arbeitete er nur noch mit einer Mischtechnik von Farbe auf Kleister. Sein Motto lautete von da an: „Ich fordere den Zufall heraus.“ 1958 vertrat Götz Deutschland auf der Biennale in Venedig. Ein Jahr später ging er als Professor für Freie Malerei an die Kunstakademie Düsseldorf, wo er 20 Jahre lang lehrte. Zu seinen berühmtesten Schülern zählten etwa Gerhard Richter, Norbert Kricke, Sigmar Polke oder Gotthard Graubner. Neben Gemälden hat er auch Papierarbeiten, Druckgrafik, Rasterbilder, Keramiken, Glasfenster, Lichtmalereien und Stahlreliefs geschaffen.
 
Auch Werke zur Zeitgeschichte schuf Götz. 1958 etwa entstand sein erstes Triptychon, in dessen Mittelteil eine informell gemalte schwarz-rote Kreuzform dargestellt ist, die an das christliche Kreuzsymbol erinnert. Die Seitenteile tragen die Titel „Juptier“ und „Matador“ und verweisen auf die US-Atomraketen, die damals in der Bundesrepublik stationiert waren. 2008 schuf er zwei monumentale Gemälde mit den Titeln „Menetekel I“ und „Menetekel II“, die auf die Terroranschläge auf das World Trade Center in New York Bezug nahmen.
Der renommierte Wienand-Verlag in Köln hat anläßlich des 100. Geburtstages von Götz in Würdigung seines Lebenswerks einen zweisprachigen Katalog herausgebracht. Der in Leinen gebundene Katalog enthält und beschreibt auf 236 Seiten insgesamt 139 farbige und 27 schwarz-weiße Werke des Künstlers. Das Buch mit der ISBN 978-3-86832-165-4 ist für 39,80 € erhältlich. Im Juni bringt der Verlag ein Werkverzeichnis zu K. O. Götz in zwei Bänden heraus.