Mozartkugeln süßsauer Zwiespältiger Mozart-Ballett-Abend am Düsseldorfer Haus der Rheinoper Inszenierung, Einstudierung und Ausführende: Requiem Musik: W. A. Mozart / Richard Rentsch Choreographie: Petr Zuska - Bühne: Jan Dušek - Kostüme: Keso Dekker - Chor: Gerhard Michalski - Gesangssolisten: Sopran: Romana Noack - Mezzosopran: Katarzyna Kuncio Tenor: Fabrice Farina - Bass: Stefan Heidemann Es tanzen: Eriko Yamashiro, Valerio Mangianti, Suzanna Kaic, Filip Veverka, Andrea Kramesova, Cesar Locsin, Kaori Morito, Armen Hakobyan, Corps de Ballet der Deutschen Oper am Rhein Petite Mort Musik: W. A. Mozart, Klavierkonzerte KV 488 und KV 467 Choreographie: Jiri Kylián - Kostüme: Joke Visser Es tanzen: Suzanna Kaic, Andrea Kramesova, Kaori Morito, Miho Ogimoto, Colleen Swihart, Eriko Yamashiro, Florent Cheymol, Armen Hakobyan, Valerio Mangianti, Michal Matys, Filip Veverka Klaviersolistin: Cécile Tallec Sechs Tänze Musik: W. A. Mozart, Sechs deutsche Tänze KV 571 Choreographie: Jiri Kylián - Bühnen und Kostüme: Jiri Kylián Es tanzen: Ann-Kathrin Adam, Hayley Macri, Makiko Takii, Tina Vasilaki, Gabor Anosi, Andriy Boyetskyy, Cesar Locsin, Bartek Dybowski Martin Fratz dirigiert die Düsseldorfer Symphoniker. Mozarts Reqiem zertanzt Sehr treffend nimmt (sicherlich unfreiwillig) der Programmheft-Aufmacher: „MOZART? MOZART!“ und das passende Produktionsplakat schon den späteren Eindruck dieses ballettösen Spätmozartmemorials vorweg. Der Rezensent will sagen: gähnende Langeweile im ersten und ein sensationeller Abschluß im viel zu kurzen zweiten Teil des Premierenabends, der gestern im nicht ausverkauftem Düsseldorfer Haus der Rheinoper stattfand. Mozarts Requiem vertanzt. Wer kommt auf so eine Idee? Antwort: Petr Zuska – renommierter Ballettchef des Prager Nationaltheaters, der das Werk schon zum Mozart-Jahr 2006 für sein Haus choreographiert hatte. Es gibt wahrscheinlich, so meine Meinung, kaum eine weniger passende Musik für eine große Choreographie als dieses Werk. Noch dazu, wenn es so lieblos heruntergespielt und mittelprächtig gesungen wird wie in Düsseldorf unter Martin Fratz von den völlig uninspiriert klingenden Düsseldorfer Symphonikern. Als wenn das an sich nicht schon schlimm genug wäre, wurde uns auch noch ein neu komponierter Schluß offeriert. „Unser Requiem ist vor allem sehr außergewöhnlich in seiner musikalischen Substanz“, erklärt Zuska. „Die Teile, die Mozart nicht mehr vollenden konnte, erklingen nicht in Ergänzung durch seinen Schüler Franz Xaver Süßmayr, sondern sind vom zeitgenössischen Schweizer Komponisten Richard Rentsch zu Ende geführt worden. So eröffnen sich uns zwei Welten: jene des langsam sterbenden Wolfgang Amadeus und jene, die zwei Jahrhunderte später durch eine andere musikalische Persönlichkeit hinzugetreten ist.“ In seinem Requiem sieht Zuska daher keine große Gedächtnismesse für die Toten, sondern das stets wiederkehrende Pulsieren des menschlichen Daseins und dessen Seele. Für die Düsseldorfer Premiere hat der niederländische Kostümbildner Keso Dekker ebenfalls wenig überzeugende Kostüme entworfen.
Gehobener Knabe - geschobenes Klavier Doch Zuska, der u.a. für extreme Bewegungen und virtuose Spreizsprung-Kombinationen bekannt ist, erzählt keine Geschichte. Es geht ihm, wie verlautet, um Gefühle und Visionen. Im Zentrum der Bühne und der stets wiederkehrenden althergebrachten neo-klassischen Bewegungs- und Tanzmuster steht ein transparentes Klavier - was auch sonst? Überflüssigerweise tritt auch noch ein kleiner nichttanzender Mozart-Bengel oder -Engel auf, wird wenig sinngebend aufs Klavier gehievt, darf mal darüber tippeln, wird wieder runtergehoben, traversiert die Bühne, wird öfter auch mal getragen, dann wieder angehoben usw. Im Weiteren gibt es dann auf der öden Bühnenleere beträchtliche Veränderungen: das Klavier wird jetzt nicht mehr nur umtanzt, sondern im „unendlichen Raum für die Seele“ verblüffend hin- und hergeschoben. Spiegelungen durch raffinierte Lichtregie schaffen unverhoffte Abwechslung. Wenn das Stück nach gefühlten 5 Stunden endlich zu Ende ist, ist in Realzeit glücklicherweise erst deren eine vergangen. Der milde säuselnde Beifall des Premierenpublikums konnte auch durch die Hausclaqueure nicht zum ansonsten bei Vamos´ Rheinopern-Balletten obligaten Akklamationsfuroiso gesteigert werden. "Petit Mort" und "Sechs Tänze" Ganz anders der zweite Teil des Abends: hier war mit Balletten des bereits legendären Jiri Kylián Emotionalität pur angesagt. Er bewies mit den zwei leider nur relativ kurzen Produktionen (Gesamtdauer keine 30 Minuten) überzeugend, warum er nicht zu Unrecht vom Düsseldorfer
Technisch perfekt und von hintergründigem Humor Zum 200. Todestag von Wolfgang Amadeus Mozart schuf Jiři Kylián 1991 für die Salzburger Festspiele die Choreographie „Petite Mort“ unter Verwendung der langsamen Sätze aus Mozarts Klavierkonzerten (KV 488 und KV 467). Der Titel des Balletts, eigentlich ‚kleiner Tod’, heißt umgangssprachlich nichts anderes als „Orgasmus“. Aggression, Sexualität, Energie, Stille und
Die UA der „Sechs Tänze“ fand bereits 1984 im Nederlands Dans Theater statt, hat aber auch so viele Jahre nach ihrer Entstehung nichts von ihrem pointierten Witz verloren. Kylians situativer Überrumpelungswitz und seine oft surrealen Tanzfiguren laufen nicht nur in Blitzesschnelle (mancher Tanz dauert keine zwei Minuten) ab, sondern sind schwer in Worte zu fassen, zumal man dann dem künftigen Zuschauer auch die überraschende Auflösung verraten und viel Theaterspaß verderben würde. Mozartfreude pur Kaum zu glauben aber wahr: Selbst die anfangs so tranig aufspielenden Düsseldorfer Symphoniker unter der Leitung von Martin Fratz schienen wie ausgewechselt. Ein quicklebendiger auf den Punkt dirigierter Mozart mit einer superben pianistischen Glanzleistung von Cècile Tallec. 25 Minuten pure Mozartfreuden. Mozartkugeln vom feinsten! Weitere Informationen unter: www.rheinoper.de sowie unter www.deropernfreund.de |