Loriot hätte heute seinen 90. Geburtstag

Der Autor, Zeichner, Schauspieler und Regisseur Vicco von Bülow ist auch zwei Jahre nach seinem Tod noch unvergessen

von Andreas Rehnolt

Foto © Frank Becker
Der Autor, Zeichner, Schauspieler und Regisseur Vicco von Bülow
alias Loriot
ist auch gut zwei Jahre nach seinem Tod noch unvergessen
 
Der Schöpfer des „Hollerö du dödel du“
hätte heute seinen 90. Geburtstag
 
 „Der deutsche Film ist angenehmer als eine Nase, denn bei durchschnittlicher Länge läuft er nur 90 Minuten“. Diesen Ausspruch über die Filmkunst hat Vico von Bülow alias Loriot seinem berühmten Knollnasen-Männchen in den Mund gelegt. Der beliebteste Humorist der Deutschen wäre heute, am 12. November 2013, 90 Jahre alt geworden. Der Schöpfer des unvergeßlichen Zungenbrechers „Hollerö du dödel du“ und des dazugehörigen Jodeldiploms oder des stets Marschmusik hörenden Opa Hoppenstedt starb im August 2011. Zum 90. Geburtstag werden sicherlich wieder viele Fans eine kleine Ente auf seinem Grab auf dem Berliner Waldfriedhof absetzen.
 
Die Entchen auf dem Grabstein erinnern an die Plastikente aus dem Zeichentrick-Sketch „Zwei Herren im Bad“ aus dem Jahr 1978. Er ist mit den Herrn Müller-Lüdenscheid und Doktor Klöbner einer der bekanntesten Sketche Loriots und wurde 2011 sogar auf einer Wohlfahrtsmarke der Deutschen Post abgebildet. Der Zeichner Autor, Schauspieler und Regisseur ist Millionen von Fernsehzuschauern als Mann auf dem berühmten Biedermeier-Sofa bekannt. Unvergessen sind seine oft mit Evelyn Hamann gespielten Sketche wie etwa die „Liebeserklärung“, die an einem Stückchen Nudel im Gesicht des Mannes scheitert.
Auch der berühmte Hund Wum und seine Freunde, der Elefant Wendelin und der blaue Klaus, mit denen das ZDF viele Jahre lang für die „Aktion Sorgenkind“ (Heute: „Aktion Mensch“) warb, stammten aus der Feder Loriots. Unvergessen sind bei Musikfreunden Loriots Dirigate und Auftritte mit großen Sinfonieorchestern.
 
Der Grandseigneur des deutschen Humors hatte einmal erklärt, daß ein nicht geringes Maß seiner Figuren auch in ihm selbst steckte. „Ich zeige ja allzu menschliche Dinge, die wirklich jedem passieren und die einen großen Wiedererkennenswert haben“, so Loriot, der vor 90 Jahren in Brandenburg an der Havel als Bernhard Victor Christoph-Carl von Bülow geboren wurde. Er stammte aus einer alten preußischen Offiziersfamilie, deren Chronik zumindest hauptberuflich den Humor nicht vorsah. Schon als Junge zeichnete er gerne und bewies als Statist an der Staatsoper Stuttgart bereits früh schauspielerisches Geschick. Den Krieg machte er an der Ostfront mit, sein jüngerer Bruder fiel als Soldat. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs studierte er auf Anraten seines Vaters in Hamburg Malerei und Graphik und zeichnete ab 1950 unter dem Pseudonym und späteren Markenzeichen Loriot Karikaturen.
Berühmt wurde der als Deutschlands erfolgreichster Humorist geltende von Bülow mit seinen Cartoons in den Illustrierten „Stern“ und „Quick“, in denen er mit brillanter Satire die Absurdität gesellschaftlicher Konventionen zeigte. Seinen frühen Erfolg erklärte er einmal in einem Interview mit den wirren Zeiten nach dem Krieg. Diese Zeiten seien so verrückt gewesen, daß jeder machen konnte, was er wollte. „Das war meine große Chance gewesen“, so Loriot damals. Der Name Loriot geht übrigens auf das Wappentier der Familie zurück, den starengroßen Vogel Pirol, der auf Französisch Loriot heißt.
 
In den letzten Jahren vor Loriots Tod war es relativ still geworden um Deutschlands Lieblings-Humoristen, der seit 1951 am Starnberger See lebte. Zu seinem 80. Geburtstag hatte er ein süßes Geschenk bekommen. Konditoren kreierten mit Hilfe des Humoristen den aus einem legendären TV-Sketch bekannten „Kosakenzipfel“. Die Süßspeise bestand aus Mokkaschaum und einem Zitronencreme-Bällchen. In dem Sketch wollen sich zwei Ehepaare den letzen im Restaurant verfügbaren Kosakenzipfel teilen und trennen sich geifernd und boshaft im heftigsten Streit darüber, wo genau der Schnitt zur Halbierung hätte sein sollen.
Rechtzeitig vor dem 90. Geburtstag Loriots ist im Schweizer Diogenes-Verlag ein 368 Seiten schweres Buch mit dem Titel „Spätlese“ erschienen, herausgegeben unter anderem von seiner Tochter Susanne von Bülow. In den Musenblättern wurde es an dieser Stelle schon vorgestellt. Darin gibt es rund 400 bislang unveröffentlichte Zeichnungen. Der Band versammelt Schätze aus dem Nachlaß, die bislang unbekannt waren. Frühe Bildergeschichten, Zeichnungen für Freunde und die überraschenden „Nachtschattengewächse“, die Loriot in den schlaflosen Stunden seiner letzten Lebensjahre schuf. Der öffentlich-rechtliche Sender Radio Bremen setzt seinem einstigen Star Loriot zum 90. sogar ein Denkmal. Vor dem Haupteingang des Funkhauses, in dem Loriot seine Sendungen und Sketche produzierte, wird eine Bronze-Replik des berühmten Sofas aufgestellt, auf dem der Humorist regelmäßig die Nation zum Lachen brachte. Das Originalsofa steht im Foyer des Senders. 
 
Loriots „Spätlese“  ist mit der ISBN 978-3-257-02121-9 für 39,90 Euro im Buchhandel erhältlich.
Weitere Informationen: www.diogenes.ch
 
Redaktion: Frank Becker