Wehmütige Erinnerungen

Jean Faure & Band mit Klassikern des französischen Chansons

von Frank Becker

Wehmütige Erinnerungen
 
Jean Faure & Band mit Klassikern des französischen Chansons
 
 
Eine in Deutschland viel zu wenig gepflegte Disziplin wurde am vergangenen Donnerstag ausdrucksvoll und nonchalant von Jean Faure in der Lenneper Klosterkirche zelebriert: das französische Chanson. Mit Faure auf der Bühne: Kristaps Grasis (Gitarre, Mandoline u.a.), Hedayet Djeddikar (Klavier, Melodica, Flöte), Dirk Ferdinand (Schlagzeug), Matthias Höhn (Saxophon, Baßklarinette, Concertina, Flöten u.a.), Markus Quabeck (Kontrabaß).
Sie sahen sich einer enthusiastischen Gemeinde von Liebhabern des „Chanson français“ gegenüber, die sich gerne mitnehmen ließ, die Auswahl des Abends mit Anerkennung honorierte, ja sogar Textsicherheit zeigte und gleich zu Anfang durch geharnischten Protest dafür sorgte, dass die Tontechnik in angemessener Zurückhaltung dem Genre, der Stimmung und den Solo-Instrumenten gerecht wurde.
 
Geboten wurde in den zweieinhalb Stunden des Abends mit „steigender Temperatur“ eine kompakte Sammlung von Klassikern von Charles Trenet bis Alain Souchon, Jacques Brel bis Pascal Danel und  Jacques Prevert bis Boris Vian. Jean Faures Stimme trug dabei ohne Anstrengung, dafür mit dem jeweils den Original angenäherten – nicht kopierten, notabene – sonoren Vortrag die Texte und Botschaften darin.
Wer würde bei Trenets „La Mer“, Brels berührendem „La chanson des vieux amants“ oder den wehmütigen Gedanken an die Brausepulver-Kindheit in Renaud Séchants in „Mistral gagnant“ nicht ins Träumen geraten? Zugeschnitten vor allem auf den Geschmack und die Erinnerungen derer, die zwischen 1965 und 1970 jung waren (das war auch der 1946 in Gap geborene erklärte Franzose) gingen vor allem Lieder wie George Moustakis „Le Métèque“ (Sommer 1969, Ma solitude war auf der selben LP) mit Grasis´ zauberhaftem Mandolinen-Solo, Pascal Danels „Kilimandjaro“ (1967) oder Gilbert Bécauds „Et maintenant“ unter die Haut und ans Gemüt. Seinerzeit hatten sie es zum Teil sogar in die deutschen Hitparaden geschafft. Heute, 45 Jahre später, gehören sie zum großen Erbe des französischen Chansons.
 
Wer, wenn nicht Boris Vian (Der Schaum der Tage) hätte „Je bois“, ein Chanson über das maßlose, kummervolle Trinken schreiben und singen können, wer anders als Georges Brassens so charmant und schwungvoll die unbekümmerte Liebe der Jugend in „Les amoureux des bancs publics“ besingen – eines der schönsten und gelungensten des Abends – und wer hätte je die Morgendämmerung einer Großstadt besser beschrieben als Jacques Dutronc 1968 mit „Paris s´éveille“. Jean Faure wurde jedem gerecht. Bob Telden hat übrigens diese Stunde zwischen Traum und Tag 1969 kongenial mit „Berlin erwacht“ ins Deutsche übertragen, und Jean Faure hat sie nach dem Mauerfall 1989 in „Berlin s´éveille“ umgedichtet. Damit und mit Jacques Preverts unerreichtem „Les feuilles mortes“ als Zugabe gab es noch mal ein Zuckerl für die Chansonbegeisterten im Saal.
 
Informationen: www.jfaure.de/