Felix Krull

von Konrad Beikircher

Foto © Frank Becker
Felix Krull
 
Warum gibt es im Deutschen nur derbe Schelme? Der Rattenfänger von Hameln macht sich mit Kindern auf und davon und man weiß nicht, für welchen fernöstlichen Puff er sie aufbrezelte; und keiner schrie „Mißbrauch! Kirche, wohin entführst du unsere Kinder!“ oder so. Till Eulenspiegel wollte den Deutschen den Spiegel vorhalten, also mußte er ihnen die Scherze auf den Kopf scheißen, sonst hätten sie ihn nicht verstanden. Die Bürger von Schilda sind so wir selber und deutsch, daß wir heute nicht mehr über sie lachen können, nein: lachen wollen (und Wielands Abderiten sind so gescheit und witzig und un-deutsch, daß nur Heinrich Heine und ein paar von uns darüber lachen können!) und der Zundelfrieder isch so ebbes von badisch wies badischer gar net sein könnt.
Aber ein bißchen Anarchie haben sie doch, in ihrer badischen Uneleganz, denn das Ende ihrer Geschichten geht so: ...auf dem Heimweg sagte der Frieder zum Heiner: „Aber jetzt Bruder, wollen wir's bleiben lassen. Denn im Zuchthaus ist doch auch alles schlecht, was man bekommt, ausgenommen die Prügel, und zum Fensterlein hinaus auf der Landstraße hat man etwas vor den Augen, das auch nicht aussieht, als wenn man gern dran hängen möchte."
Also wurde ... der Frieder wieder ehrlich. Aber der Heiner sagte: „Ich geb's noch nicht auf." 
Da zeigt uns Johann Peter Hebel grad so e bissle, daß man nicht so genau weiß, wie es weitergeht, fein!

Niemand aber hat einen so feinen Schurken geschaffen wie Thomas Mann. Sein Felix Krull ist elegant, von Heine geläutert und von Aphorismen geprägt, er weiß, wie Leben geht und nimmt es sich, eine ganz und gar undeutsche Eigenschaft, eher eine rheinische, denn der Rheinländer ist kein Deutscher: er ist das, was die Franzosen unter deutsch verstehen und das ist gut so, denn was deutsch wirklich ist, geht über jegliches französisches Vorstellungsvermögen hinaus. Wäre Sarkozy nicht Ungar, er hätte niemals mit der Merkel...
Felix Krull ist unsere Rechtfertigung vor der Weltliteratur: ja, wir haben auch Eleganz, Chuzpe, grandiose Schelme! Es ist nicht viel und der Krull steht auch ziemlich allein da, aber immerhin, er ist da!

In diesem Sinne!
Ihr
Konrad Beikircher
 
 
 ©  2013 Konrad Beikircher für die Musenblätter
Redaktion: Frank Becker