Mein Oma un hier Katz

Eine moselfränkische Erinnerung

von Rudolf Engel


Foto © Frank Becker

         

Mein Oma un hier Katz

 


Eine moselfränkische Erinnerung

von Rudolf Engel

Mein Oma un hier Katz

Dömoals hot ed äan jedem Haushalt mindeschtens ään Katz gäan. De Katz, dat woar fier de Dörfleit kään Schmußedejerchin; de Katz, dej äas gebraucht gäan, allään schun fier de Meis äam Haus un em d´Haus erem ze fänken.       
Dat Dejer hot sozusoan zur Famillisch dezoù gehiert. Kää Wonner, dat de Katz bei demm, watt de Leit seich soù ze verzellen hotten, ziemlich dix vier komm äas.     
Äan der Zeit, woù mir noch bei der Oma äan der Hofstroaß gewunnt hun, dö hätt sei emmer geschennt, wenn eich schun morjens äan aller Frejh mei Lejdchin gepäaff hun. Un dann hätt sei de Kopp geresselt un hot zoù mir gesoat:   
„Dej Viel, dej soù frejh peifen, dej hölt äam Daach de Katz.“Un wenn eich mettes ausgehongert aus der Schoùl haam komm säan un beim Mettichäaßen noch en dräatten Teller Läansenzopp mäat Duarflääsch leer gemach hun, dann hätt sei mir debei emmer erstaunt zoùgekuckt un häanerher gesoat:   
„Ewei schlääft dir de Katz de Möen nemmej fott!“
 

Meine Oma und ihre Katze

Damals hatte es in jedem Haushalt mindestens eine Katze gegeben. Die Katze war für die Dorfleute kein Schmusetierchen; die wurde gebraucht, allein schon, um die Mäuse im Haus und ums Haus herum zu fangen.
Das Tier hat sozusagen zur Familie gehört. Kein Wunder, daß die Katze bei dem, was die Leute sich so zu erzählen hatten, ziemlich oft vorkam.
In der Zeit, als wir noch bei der Oma in der Hofstraße wohnten, da schimpfte sie immer, wenn ich schon morgens in aller Frühe mein Liedchen pfiff. Dann hatte Oma den Kopf geschüttelt und zu mir gesagt: „Die Vögel, die so früh pfeifen, die holt am Tag die Katz.“
Und wenn ich mittags ausgehungert aus der Schule heim kam und beim Mittagessen noch einen dritten Teller Linsensuppe mit Dürrfleisch leer machte, dann hatte sie mir dabei immer erstaunt zugesehen und hinterher gesagt: „Jetzt schleppt dir die Katz den Magen nicht mehr fort!“

Noch um die Mitte des 20. Jahrhunderts war das Alltagsleben in den Dörfern der Unteren Saar vorwiegend agrarisch bestimmt. Die dadurch vorgegebene Naturnähe und der damit verbundene unmittelbare Kontakt der Menschen zu den Tieren ihres täglichen Umgangs drückt sich deutlich und reichlich im lebendigen Sprachschatz ihres moselfränkischen Dialekts aus.


© 2013 Rudolf Engel