Musenblätter - Das unabhängige Kulturmagazin

„Frau Merian!“

Ein außergewöhnliches Buch über eine
für ihre Zeit ebenso außergewöhnliche Frau

Vor zehn Jahren ganz oben auf den Bestsellerlisten, verdient Dieter Kühns Buch über Maria Sibylla Merian (1647-1717) noch einmal ins Licht gestellt zu werden. Kühn, Romanbiograph solch wuchtiger Männer wie Oswald von Wolkenstein, Neidhart von Reuental, Johann Wolfgang von Goethe und Ludwig van Beethoven, aber auch „Clara Schumann, Klavier“, erweist sich in „Frau Merian!“ einmal mehr als ideenreicher Rechercheur und brillanter, wortgewaltiger Erzähler, der weit mehr tut, als sich ein interessantes Leben aus kühler Distanz anzusehen und es nur „aufzuschreiben“. Für „Frau Merian!“, die Geschichte der Malerin, Zeichnerin und Naturwissenschaftlerin Maria Sibylla Merian ist Kühn tief in deren Leben, ihre Welt und ihre Zeit eingetaucht, hat dem Faszinosum dieser ungewöhnlichen Frau, ihrer Lebensgeschichte und ihren Ideen nachgespürt, sich auf Reisen begeben, ja ist selber zum Forscher und Naturbeobachter geworden, läßt in einem farbigen, lebendigen Panorama an ihrem Leben und sehr kurzweilig auch an seinem eigenen und seinen Nachforschungen teilhaben. Hier wird ein großartiges Zeitbild entworfen, das deutlich macht, wie außergewöhnlich die Person und die Reise war, die Maria Sibylla Merian rund 100 Jahre nach der Guyana-Expedition Walter Raleighs und 100 Jahre vor Alexander Humboldt unternahm.

Als Maria Sibylla Merian 1647 in Frankfurt/M. als Tochter des berühmten Kupferstechers Matthäus Merian d.Ä. zur Welt kommt, steht der 30-jährige Krieg vor dem Ende. Die Begabung für Malerei und Wissenschaft ist ihr in die Wiege gelegt. Wie ihre älteren Brüder greift sie die Kunst des Vaters auf, zunächst zu Hause, später in Holland, wohin sie bereits mit 14 Jahren geht, um zu studieren, durchaus nicht die Norm dieser Zeit. Selbstbewußt und unbeirrbar macht auch sie sich mit Lebensstationen in Amsterdam, Nürnberg und wieder Frankfurt/M. bald einen Namen als vorzügliche und detailfreudige Aquarellistin und Kupferstecherin, die sich besonders mit Insekten, Käfern und Blumen befaßt. Bis heute sind ihre Zeichnungen, Aquarelle und Kupferstiche anerkannte Meisterwerke. Auf Einladung und mit Unterstützung der niederländischen Regierung bricht sie1699 nach Surinam auf, um dort für zwei Jahre Pflanzen und Insekten der südamerikanischen Kolonie der Niederlande zu studieren und zu zeichnen. Das im Nordosten Südamerikas gelegene Guyana war 1499 von Alonso de Ojeda entdeckt, aber wegen seiner Sümpfe und Dschungel und dem tropisch feuchten Klima von den Spaniern nicht als besiedlungswürdig erachtet worden. Engländer, Franzosen und Niederländer hingegen faßten dort Fuß. Der englische Teil fiel durch den Tausch gegen Manhattan 1677 an die Niederlande und bekam den Namen Surinam. Sechs Wochen dauerte die beschwerliche Schiffsreise von Amsterdam nach Paramaribo. 52 Jahre war sie damals schon, seinerzeit ein unerhörtes Alter für eine solche Unternehmung, zumal für eine Frau. Stürme, Entbehrungen und Piraten, ja, Piraten machten die Fahrt via Kanaren und Kapverden zum Abenteuer. Heute dauert der Flug 713 der KLM auf derselben Strecke ca. 10 Stunden, Luxus inklusive. Zwei Jahre blieb die Merian mit Tochter Dorothea in der Kolonie, bevor sie wohlbehalten nach Holland zurückkehrten und nie gesehene Bilder der Insektenwelt der Tropen mitbrachten. Ihre „Metamorphosis insectorum Surinamensium“ ist die Frucht dieser entbehrungsreichen Reise. Die Bilder Maria Sibylla Merians begeistern

Buch, Seite 562

bis auf den heutigen Tag durch ihre Genauigkeit und Pracht. Der Holländer Pieter Sluyter (1665- 1713) fertigte die meisten Kupferstiche nach ihren Vorlagen an. Das Buch „Frau Merian!“ ist auch eine unterhaltsame Reise ins Selbst des Autors und in jeder Hinsicht eine Empfehlung wert.

Dieter Kühn - „Frau Merian!“

(D) 9,90 | € (A) 10,20 | SFR 14,90

(geb. Ausgabe beim Verlag vergriffen, aber antiquarisch und als Remittende zu bekommen)

Weitere Informationen: www.fischerverlage.de

Ein außergewöhnliches Buch über eine außergewöhnliche Frau.

Dieter Kühn - „Frau Merian!“