Ein Leben für und gegen das Telefonbuch

Daniel Jokesch – „Otto Wanz“

von Frank Becker

Autor und Athlet
 
Ein Leben für und gegen
das Telefonbuch
 
Dieses schmale handliche Büchlein von 54 Seiten (+ Umschlag) im Quadrat von 15 auf 15 cm zu zerreißen, würde seinem Protagonisten und auch Ihnen und mir kaum ein Problem bereiten. Schließlich hatte Otto Wanz bis dato bereits die umfangreichsten Telefonbücher bekannter Großstädte zerfetzt, darunter wohl auch die 2.688 Seiten des zweibändigen Telefonbuchs von Berlin (West), Jahrgang 1986/87 (Abb.). Doch wäre es nicht wirklich eine Schande, das der von Daniel Jokesch einfühlsam aufgezeichneten Lebensgeschichte des Autors und Athleten anzutun? Berühren uns doch sein außergewöhnlicher Lebensweg und sein gebrochenes Schicksal zutiefst.
 
Ähnlich dem durch die Umstände seiner Geburt unter einem Fischverkaufsstand  vorgezeichneten
Schicksal des Jean-Baptiste Grenouille („am allerstinkendsten Ort des gesamten Königreichs geboren“) wird auch der Weg Otto Wanz´  durch die Niederkunft seiner Mutter in einer Telefonzelle bestimmt. Ottos erste Berührung mit der Welt außerhalb des Mutterleibes gilt dem Telefonbuch, auf das sie niederkommt, die erste Verflechtung mit dem Leben ist die mit dem gewundenen Kabel des Telefonhörers. Der Lebensweg des Otto Wanz hat damit seine natale Richtung bekommen.
Das Kind wächst heran und wird auch geistig so stark, daß es durch die Umstände seines Aufwachsens und die Prägung durch seine frühkindliche Vorlese-Lektüre eine weitere Initialzündung erfährt. Der Wunsch, einmal ein Telefonbuch, das größte Telefonbuch der Welt zu schreiben, wird übermächtig. Doch vor die Ausführung setzt das Leben notwendige Schritte und Vorbereitungen: Schulaufsätze, Studium der Nonverbalen Philosophie und Fernsprech-Philologie, Lyrik, Prosa, Dramatik…
 
Wie es schließlich zur Erfüllung des Lebenstraums und der damit verbundenen bitteren wirtschaftlichen Enttäuschung kommt, wollen Sie geneigter Leser, empfindsame Leserin, Daniel Jokeschs nicht undramatischer, reich bebilderter Otto Wanz-Biographie entnehmen. Ist es ein Zufall oder doch wieder Prädestination, daß zum gleichen Zeitpunkt der Zeichner Ari Plikat bei Lappan einen üppigen Bildband veröffentlicht, in dem unauffällig versteckt, doch unübersehbar Otto Wanz in einer zeichnerischen Parabel auftaucht:


© Ari Plikat
 
Folgen Sie also unserem stillen, starken Helden auf seinem unerhörten Lebensweg.
 
Daniel Jokesch – „Otto Wanz - Ein Leben für und gegen das Telefonbuch“
© 2013 Holzbaum Verlag, 54 Seiten, Broschur, Illustrationen
9,99 €
Weitere Informationen: www.holzbaumverlag.at
 
Der Ari-Plikat-Cartoon erscheint mit freundlicher Erlaubnis des Lappan Verlags.