Haben Sie schon mal über Spott nachgedacht?

Ari Plikat – „Ich rieche Angstschweiss“

von Frank Becker

Zettels Alptraum
 
Ari Plikat im Quadrat
 
 
Wer zwei Paar Hosen hat, mache eins zu Geld
und schaffe sich dieses Buch an.
Georg Christoph Lichtenberg *)
 
Gäbe es nicht schon etliche Bücher mit den trefflichen Cartoons von Ari Plikat und wären dank seines unermüdlichen Fleißes nicht noch diverse weitere zu erwarten, könnte man diese brandneue quadratische Broschur aus dem Lappan Verlag glatt als den ultimativen Plikat bezeichnen. Sie sehen schon: allerlei Konjunktiv II-Formulierungen. Halten wir uns also mit einer solchen Aussage tunlichst zurück und beschränken uns auf die situativ angemessene Lobhudelei.
 
Wenn je ein anderes Buch der Weltliteratur bereits durch seine Titelgestaltung überzeugt hat, so muß es jetzt ins zweite Glied treten. Die Auswahl des titelgebenden Plikat-Cartoons ist schlechterdings genial und läßt keine Fragen offen. So nämlich ist das Leben: brutal und von rauschhafter Schönheit zugleich. Was in so einem Fall dann zwischen die Buchdeckel gepackt wird, muß, um  dem kritischen

© Ari Plikat
Vergleich standhalten zu können, wenigstens ebenso lebensnah und darf nicht minder komisch sein. Aber da brauchen Sie, liebe Leser, keine Sorge zu haben. Plikat hält das, was er mit dem Titel „Ich rieche Angstschweiß“ verspricht, durch – und Ihr Zwerchfell hoffentlich auch. Der Verlag schreibt im Klappentext: „Hemmungen, guter Geschmack? Sittlichkeit? Moral? Anstand? Taktgefühl? All das kann man Ari Plikat nicht vorwerfen…“. Ich tu´s ja nicht gerne, aber da muß ich heftig widersprechen. Plikat hat das enorme Verdienst, gegen jede sittlich-moralische Überzeugung und Erziehung – überlegen Sie mal, der Mann kommt aus Lüdenscheid, das ist tiefstes Westfalen! – die Abweichung von der bürgerlichen Norm anzuprangern, indem er die Norm an sich in perfekter handwerklicher Überzeichnung mehr unterstreicht, als sie in Frage zu stellen. Natürlich ist Ari Plikat ein moralischer Mensch: warnt er in und mit seinen Sujets nicht vor Fehlern, Mißgriffen und Exzessen? Das „Wehe…“ seines Küchencartoons steht wie ein flammendes Menetekel über seinem Werk.
 

© Ari Plikat

Die Kirche in ihrer Angreifbarkeit, die uns umgebende Alltagskultur, die Welt der Medizin, tagesaktuelle politische Beobachtungen, Psychologie, Philosophie, ja auch Tod und Kulinarik dienen

© Ari Plikat
dem wenn auch nicht übertrieben gehemmten, so doch sittlich unangreifbaren, mit viel Takt die brenzligen Themen angehenden Satiriker als Feld seiner verantwortungsvollen Arbeit. Mit charakteristischem wie charaktervoll deutlich betonendem Strich klärt er auf, legt den Finger in schwärende Wunden, postuliert, provoziert, penetr… äääh, formuliert. Der Witz an der Sache ist, daß seine in tiefem Ernst mit einer heiter verpackten Botschaft geschaffenen Zeichnungen von außerordentlichem Humor sind. Um nicht zu sagen: sie sind komisch. Saukomisch. Plikat beherrscht aus dem ff. die hinterhältige Technik, seinen Betrachter unmittelbar hinter sich, also auf seine Seite zu ziehen und gemeinsam mit ihm den mitunter durchaus vorhandenen angemessenen Hohn nicht nur auszuschütten, sondern überdies genußvoll zu empfinden. Homerisches Gelächter zieht mit Ari Plikat ein – und es bleibt. Wenn Sie gelegentlich glauben, Anklänge Sondermanns und Gottes zu empfinden, wird das mit der spürbaren Verehrung Plikats für Bernd Pfarr zu erklären sein. Wer könnte dem nicht folgen? Lassen Sie sich durch die kleine Musenblätter-Auswahl mit ins Komplott ziehen und legen Sie sich mit Georg Christoph Lichtenberg*) dieses Buch zu. Von uns bekommt es den Musenkuß.
 
 
© Ari Plikat


 
© Ari Plikat


 

Ari Plikat – „Ich rieche Angstschweiss“
© 2013 Lappan Verlag, 189 farbig illustrierte Seiten, Broschur, 17 x 17 cm, mit einem Vorwort von Bernd Gieseking
9,95 € (D), 10,30 €(A)


© Ari Plikat

Weitere Informationen: www.lappan.de  -  www.ariplikat.de