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 Hochzeit mit Hindernissen oder: The Drowsy Chaperone Deutsche Erstaufführung Musikalische Leitung: Kenneth Duryea / In Bayreuth Roland Vieweg - Inszenierung: Reinhardt Friese – Choreographie: Barbara Buser – Stepchoreographie: Tamás Mester - Bühne und Kostüme: Annette Mahlendorf – Bilder: Harald Dietz SFF Fotodesign HofBesetzung: Mann Im Sessel: Karsten Jesgarz - Mrs. Tottendale: Marianne Lang – Underling: Tamás Mester - Robert Martin: Christian Venzke – George: Florian Bänsch - Feldzieg: Thilo Andersson – Kitty: Julia Klemm - 1. Gangster: Andreas Bühring - 2. Gangster: Hans-Peter Pollmer – Aldolpho: Stephan Brauer - Janet Van DeGraaff: Miriam Anna Schwan - Die beschwipste Anstandsdame: Stefanie Rhaue - Trix Die Fliegerin: Cornelia Löhr - Reporterin / Stubenmädchen: Lina Rifqa Kaml Ein älterer Mann sitzt in seinem New Yorker Appartement und hört sich eine Schallplatte an. Das ist der Inhalt von „The Drowsy Chaperon“. Warum der Verlag auf „Hochzeit mit Hindernissen“ bestand, läßt sich mit gesundem Menschenverstand nicht nachvollziehen. Ein  älterer Mann der sich eine Schallplatte anhört, reicht das für ein  Musical? Ein klares JA, wenn es sich dabei um die Musik von Lisa Lambert  und Greg Morrison handelt.             Der  Mann im Sessel nimmt den Zuschauer mit auf eine Reise in seine  Fantasiewelt, in die Zeit der späten 20er, die goldenen Jahre des  Musicals. Er läßt vor unseren Augen die titelgebende Revue entstehen,  wird Teil dieses Musicals, das er immer wieder unterbricht, um den einen  oder anderen Kommentar zum Geschehen oder zu den Darstellern zu geben.  In diesem Musical kommen auch die skurrilsten Figuren vor. Figuren, die  man aus anderen Musicals zu kennen glaubt. Da sind die beiden Gangster,  der taffe Broadwaystar, der sich nach einem Leben abseits der Bühne  sehnt, trottelige Trauzeugen, eine sehr attraktive Tante, die sich in  einen Filmstar verguckt, aber vor allem ein grandioses, tanzbegeistertes  Ensemble.  
 Karsten Jesgarz leitet durch diesen Abend, erklärt vieles zum Phänomen Musical und gibt sehr viel über die Figur des Mannes im Sessel preis. Sein Spiel wird zu einem eigenen Kammerspiel in einer Revue, und wenn er dann am Ende seinen eigenen Song hat, dann merkt man auch seine sängerischen Qualitäten. Stefanie Rhaue  ist die titelgebende Anstandsdame. Nur, mit dem Anstand ist es bei der  dauertrinkenden Prohibitionsverächterin nicht weit her. Anstatt ihrer  Nichte vor der Hochzeit beizustehen, verknallt sie sich in den Italostar  Aldopho. Stephan Brauer spielt ihn voller falscher Grandezza, daß es eine wahre Freude ist. Thilo Andersson  als verschlagener Broadwayimpressario Feldzieg und Julia Klemm als  doofe, aber bauernschlaue Kitty sind ein weiteres Paar auf der Palette.  Beide lassen kein Klischee in der Rollengestaltung aus. Marianne Lang  und Tamás Mester sind ein ideales Herrin/Dienergespann. Sie leicht  vertrottelt, er mit einem Stock im Arsch, kalauern die beiden sich durch  die Show. Aber auch die beiden sind ein Relikt und eine Reminiszenz aus  Musicalproduktionen aus schon in den 20er Jahren veralteten Shows.  Janet und Robert, das Brautpaar, das es durch Verwechslung und  Eifersüchteleien fast nicht vor den Altar geschafft hätte, werden von Miriam Anna Schwan und Christian Venzke  gespielt. Ihre Rollen verlangen höchste sängerische und tänzerische  Präzision, kurzum ihre Leistung ist broadwayreif. Mehr zu sagen hieße  Eulen nach Athen tragen. Die beiden Gangster werden von Andreas Bühring  und Hans-Peter Pollmer gegeben. Es sind zwei liebe Gangsterlein, die  eher komisch denn gefährlich wirken, und das ist gut so. 
 In Annette Mahlendorfs Ausstattung, die bedrohlich dunkle, verkommene Wohnung verwandelt sich in hollywoodreife Sets - ihre bis in die Filzpantoffeln stimmigen Kostüme werden von Reinhardt Friese ebenso gekonnt in Szene gesetzt, wie er auch die ganze Show zügig, ohne Hänger, aber auch nicht gehetzt, inszeniert. Seine Figuren verlieren ihre Oberflächlichkeit, vermischen sich mit ihren Alter Egos, werden zu echten „Menschen“.  Hauschoreographin Barbara Buser gestaltete zusammen mit Tamás Mester, der die überbordenden Stepnummern choreographierte, rauschhafte Tanznummer, die schier vor Energie bersten und denen man die viele Arbeit, die darin steckte, nicht ansah. In der von mir besuchten Vorstellung in Bayreuth leitete Roland Vieweg die Hofer Philharmoniker. Dieses Orchester besticht immer wieder durch den Wohlklang und die Ausgewogenheit in den einzelnen Stimmen, auch unter den akustisch schwierigen Verhältnissen der Bayreuther Stadthalle. Ein Musical ohne wirkliche Handlung, zwischen den einzelnen Musiknummern wird von Karsten Jezgarz moderiert - und trotzdem eine ganz große Show. Eine gelungene Choreographie, ein stimmlich perfektes Ensemble voller Spielfreude und ansteckenden Elan, mitreißende Melodien – was will man mehr. | 


 
 
