Deutscher Bühnenverein kämpft gegen die Verarmung darstellender Künstler

Zudem werden Theater mit sozialen Aufgaben überfrachtet

von Andreas Rehnolt

Deutscher Bühnenverein kämpft gegen
die Verarmung darstellender Künstler
 
Bei der Jahreshauptversammlung in Kiel warnten Experten
vor einer Überfrachtung der Theater mit sozialen Aufgaben
 
Kiel/Köln - Auf seiner am Wochenende in Kiel zu Ende gegangenen Jahreshauptversammlung hat der Deutsche Bühnenverein vor einer Verarmung der darstellenden Künstler gewarnt. In einer am Sonntag am Sitz des Bühnenvereins in Köln veröffentlichten Resolution wandten sich die etwa 250 Teilnehmer der Jahreshauptversammlung gegen die zunehmende Verdrängung der darstellenden Künstler in unzureichende Beschäftigungsverhältnisse und forderten eine Finanzausstattung der Theater, die angemessene Arbeitsbedingungen und eine ausreichende Bezahlung erlaubt.

Die Intendanten und Direktoren der deutschen Theater und Orchester diskutierten zudem über Theater und Orchester in Deutschland als immaterielles Weltkulturerbe, das Bildungsprogramm der Bundesregierung "Kultur macht stark" sowie die finanziell angespannte Situation einzelner Theater- und Orchesterbetriebe. Zum Abschluß der Jahreshauptversammlung fand eine Podiumsdiskussion zum Thema „Theater zwischen künstlerischem Anspruch und praktischer Sozialarbeit“ statt. Das Ergebnis der Diskussion war, daß man einerseits Theater nicht mit sozialen Aufgaben überfrachten darf. Andererseits gebe es eine eigenständige Sozialarbeit der Theater. Diese löse soziale Spannungen auf und entwickle dabei eine ganz eigene Form der Kunst.
In der Resolution zu den Arbeitsbedingungen der darstellenden Künstler heißt es, immer mehr Schauspieler, Sänger und Tänzer erhielten in den öffentlich getragenen Stadt- und Staatstheatern sowie Landesbühnen wegen Mittelkürzungen keine festen Ensemble-Verträge mehr, sondern würden oft nur noch mit kurzfristigen Verträgen für wenige Auftritte oder eine einzelne Produktion beschäftigt. „Die Anzahl solcher Verträge ist in den letzten 20 Jahren von früher etwa 8.000 auf heute über 22.000 pro Jahr gestiegen“, so der Bühnenverein.

Aber auch, wer einen auf eine oder mehrere Spielzeiten befristeten Vertrag bekommt, muß nach Darstellung des Bühnenvereins zunehmend Einbußen bei gleichzeitiger Arbeitsverdichtung in Kauf nehmen. Zahlreiche darstellende Künstler erhielten bei hoher Arbeitsbelastung nur die tariflich garantierte Mindestgage von zur Zeit monatlich 1.600 Euro brutto. Das Gleiche gelte oft für nicht darstellende Mitarbeiter wie Regieassistenten, Theaterpädagogen oder Dramaturgen. In vielen Theatern werde von den Mitarbeitern sogar auf die in den Flächentarifverträgen vereinbarten Gagen zugunsten der Erhaltung von Arbeitsplätzen verzichtet. Besonders angespannt ist die Situation laut Bühnenverein in vielen Privattheatern und der freien Szene. Hier waren die öffentlichen Zuschüsse schon immer eher gering, wurden aber teilweise in den letzten Jahren noch weiter reduziert. Außerdem würden in diesen Theatern die Künstler, aber auch andere Mitarbeiter nahezu ausschließlich projektbezogen beschäftigt, was ihre soziale Lage noch weiter verschärft. Denn meist erreichten sie mit ihrer Tätigkeit keine Beschäftigungszeiten, die sie zum Bezug von Arbeitslosengeld berechtigen.