Neues vom Haxtergrund

Aus dem Tagebuch

von Erwin Grosche

Foto © Frank Becker
Neues vom Haxtergrund

1. April: Stieglitz. Was tat die Frau im Haxtergrund? Sie hängte Meisenknödel an Busch und Baum. Ich wunderte mich, weil man im Haxtergund nie Meisen sah. Wahrscheinlich war es vielen Vögeln egal, wovon sie sich ernährten. Die Frau trug eine rote Gesichtsmaske, als wolle sie nicht erkannt werden. Sie sagte: „Heute habe ich ein Stieglitzpaar gesehn. Das ist selten.“ Ich stutze. „Wieso“, fragte ich. „Ist der Stieglitz bindungsscheu?“ „Nein“, sagte sie. „Der Stieglitz ist selten.“ Ich dachte nach. Der Stieglitz ist eine Vogelart aus der Familie der Finken. Früher galt er als ein Symbol für Ausdauer, Fruchtbarkeit und Beharrlichkeit. Wegen seiner Vorliebe für Disteln ist er noch heute ein christliches Symbol für den Opfertod Jesu Christi. „Wie macht denn der Stieglitz?“, fragte ich. „Ich habe sie nicht gehört“, sagte sie. Ich sprach etwas lauter. „Wie macht denn der Stieglitz?“ Sie sah mich verwundert an, als hätte ich ihre Individualdistanz überschritten. „Ich habe sie nicht gehört“, sagte sie so eindringlich, als hielte sie mich für einfältig. Ich pfiff vor mich hin: „Dudidelet“ und „Didudit“. Sie lachte. „Bei Erregung geben Stieglitze ein scharfes „Zidi“ von sich“, sagte sie. „Der Aggressionsruf besteht aus einem harten, schnarrenden „Tschrr“.“ Ich hüpfte auf dem Boden herum und flog dann davon. Winkt man einem Stieglitz nach?  
 
3. April: Herr Wiesner lag unter seinem Zahnarzt, der ihn mit einem schönen Satz ablenkte: „Wenn der Topf einen Hut aufhat, wird das Wasser schneller heiß.“
 
 
5. April: Das Herz einer Töpferin: „Gewinnst du das Herz einer Töpferin, gehört dir auch ihr Geschirr“, sagte der Elefant.




© 2013 Erwin Grosche für die Musenblätter
Redaktion: Frank Becker