Klassisches Ballett als Publikumsmagnet

„Schwanensee“ mit dem Bolschoi aus Minsk

von Frank Becker

Foto © Bolschoi Belarus
 
„Schwanensee“
mit dem Bolschoi aus Minsk
 
Klassisches Ballett als Publikumsmagnet
 
Der prachtvolle große Saal der Historischen Stadthalle in Wuppertal, Heimat auch des Sinfonieorchesters der bergischen Stadt, war am vergangenen Dienstagabend nahezu bis auf dem letzten Platz besetzt. Unter den Gästen beachtlich viele junge, sehr junge Damen und Herren. Auf dem Programm ein Magnet wohl auch für die junge Generation, „Schwanensee“ mit der wunderschönen Musik Peter I. Tschaikowskys nach der Märchenvorlage von Wladimir P. Begitschew und Wassili Geltzer - eines der berühmtesten Werke des klassischen Tanz-Repertoires schlechthin neben Nußknacker und Dornröschen - diesmal getanzt von der renommierten Compagnie des Weißrussischen Bolschoi Staatsballetts aus Minsk. Ein Stück, das in der klassischen Choreografie von Marius Petipa allerhöchste Ansprüche an das technische Können jedes einzelnen Tänzers stellt. Es ist gerade diese Uraufführungs-Choreografie, die von den großen russischen Ballett-Häusern bis heute gepflegt wird und auch bei uns noch viele Freunde findet.


Foto © Bolschoi Belarus
 
Es ist das alte Märchenmotiv vom Kampf Gut gegen Böse, von dunklem Zauber, Aufrichtigkeit, List und dem Sieg der wahren Liebe. Zwar kam die Musik aus der Konserve, doch ließen die hervorragenden Solisten und das zauberhafte weibliche und elegante männliche Corps de Ballet das schnell vergessen. Mit der berückenden Promaballerina Olga Gayko in den Rollen der Odette und Odile, Igor Onoschko als Prinz Siegfried, Anton Krawtschenko als Zauberer Rotbart und dem sprunggewaltigen Konstantin Geronik als Hofnarr waren die Hauptrollen hochkarätig besetzt. Olga Gayko glänzte in scheinbarer Schwerelosigkeit bei Relevé, Jeté, Aplomb und der Haltung, die nur eine wirklich große Tänzerin beherrscht. Sogar die Révérence wurde bei ihr zum Hochgenuß.


Foto © Bolschoi Belarus
 
Mit atemberaubenden Fouettés en tournant und kraftvoller Sprungtechnik begeisterte Konstantin Geronik Mal um Mal, hatte von Anbeginn die Herzen des Publikums auf seiner Seite. Seine und die hoch und sicher gesprungenen Cabrioles von Igor Onoschko wurden ebenso gefeiert wie Olga Gaykos schwebende Eleganz von unerhörter Präzision. Dazu die farbigen Charaktertänze in wundervollen Kostümen, ungezählte Solo-Variationen, die Pas de deux Onoschkos mit Olga Gayko als weißer Schwan im 2. Akt und als schwarzem Schwan im 3. Akt, die mathematisch präzise Serie von 32 Fouettés, der bezaubernde Tanz der vier kleinen Schwäne – alles in allem ein in Schönheit von Bewegung und Farben getauchter Rausch brillanten Tanzes auf der Höhe der Kunst. Unter der künstlerischen Leitung von Juri Trojan ist eines der schönsten Ballette der Tanzliteratur in Perfektion gelungen.
 
Weitere Informationen:  www.rbi-konzerte.com
 
Für alle Schwanensee-Freunde, welche diesen Abend verpaßt haben und auch die weiteren Tournee-Termine des Bolschoi Belarus nicht wahrnehmen können gilt: Auf nach Dortmund. Hier läuft gerade eine sehenswerte semimoderne, aber wirklich gelungene Produktion von „Schwanensee“.
Und wer sich mit den Schrecken einer mißglückten modernen Choreografie auseinandersetzen will, dem sei der „Nachtclub-Schwanensee“ in Essen empfohlen.
 
Mitarbeit: Peter Bilsing