Schreckensvisionen

John Casti - "Der plötzliche Kollaps von allem"

von Frank Becker
Tanz auf dem Vulkan
 
John Castis Analyse
möglicher globaler Katastrophen
 

Der Flügelschlag eines Schmetterlings
kann einen Sturm entfachen.


Soviel vorweg: dieses Buch in seiner nüchternen mathematischen Genauigkeit ist als Bettlektüre nicht geeignet. Sein Autor ist zwar nicht mit dem Ziel angetreten, seine Leser zu beunruhigen, doch bleibt dieser Effekt angesichts der klaren Fakten und deutlichen Analysen nicht aus. John Casti spricht aus, worüber Politik und Weltwirtschaft, Energieriesen und staatliche Verwaltung sich beharrlich ausschweigen, weist Risiken nach und legt reale Gefahren für den Bestand unserer Zivilisation offen, die durchaus im Bereich des Möglichen sind. Läse ein jeder aufgeklärte Mensch, bereit zu verstehen, dies aufrüttelnde Buch, einige Grundpfeiler der blind technikgläubigen Gesellschaft, ihrer skrupellosen wirtschaftlichen und machtpolitischen Ausbeutungspolitik sowie der zunehmend bedrohlichen religiösen Hegemonie-Bestrebungen in der afrikanisch-asiatischen Welt bekämen unmittelbar Risse. John Casti ist weder ein Schulmeister, noch ist er ein Verschwörungstheoretiker, und am wenigsten ist er ein Fanatiker. Er analysiert mit wissenschaftlichen Methoden, vorhandenen Zahlen, anhand von Realverhältnissen und Beispiel-Ereignissen unsere verfahrene Weltsituation. Das ist erschreckend genug.
 
„Der plötzliche Kollaps von allem – Wie extreme Ereignisse unsere Zukunft zerstören können“ spielt an möglichen Defekten des weltweiten Systems von politischen, wirtschaftlichen und natürlichen Zusammenhängen denkbare und mögliche globale Katastrophen durch.
Internationale Konflikte bis hin zu Atomkriegen, nuklearer Terror aus religiösen oder ideologischen Motiven, nicht berechenbare Naturkatastrophen, die sichtbare Klima-Veränderung, die Ausbeutung von Natur-Ressourcen, hemmungsloser Forscherdrang ohne Beachtung von Risiken, Kernkraftunfälle, Pandemien, Ausfall oder bewußte (Zer-)Störung von Internet, Stromnetz oder Wasserversorgung, der Zusammenbruch der Weltfinanzmärkte – all das kann zum in der Tat sehr plötzlichen globalen Kollaps führen, der (fast) alle beträfe und uns auf Null“ zurückwerfen würde. John Casti erklärt logisch und nachvollziehbar mögliche Ereignisketten und deren Folgen – die als Endeffekt eines gemeinsam haben könnten, nein würden: den Kollaps von allem, was diese vergesellschaftete Welt mit zerbrechlicher Klammer zusammenhält. Nur wenige könnten eine solche uns zwangsläufig in die Steinzeit zurückschleudernde Katastrophe überleben. Die letzten überlebenden Naturvölker würden zu jenen gehören. Was allein der durchaus mögliche Zusammenbruch des Internet für Folgen hätte und wie Cyberkriege via www geführt werden könnten, ist allein schon geeignet, schlaflos zu machen. Auf welch schmalem Grat wir alle frohgemut tänzeln, wird durch Castis sachlich-neutrale Analysen und Planspiele erschreckend deutlich. Das hat beileibe nichts mit Schwarzmalerei oder Spökenkiekerei zu tun, wenn es vermutlich von gewissen interessierten Kreisen so abgetan werden wird. Was mich in der Würdigung von Castis Aufklärungsarbeit allerdings bestätigen würde.
 
Wir sitzen in jeder Hinsicht – und das mit offenen Augen selbstgemacht und hingenommen – auf einem brodelnden Vulkan. Deshalb ist John Castis Buch eines der wichtigsten dieses Jahres, denn nur wer informiert ist, kann argumentativ am Gesellschaftsprozeß teilnehmen. Wir legen es unseren Lesern dringend ans Herz.  
 
John Casti – „Der plötzliche Kollaps von allem – Wie extreme Ereignisse unsere Zukunft zerstören können“
© 2012 Piper Verlag, 397 Seiten, gebunden, Lesebändchen
22,99 €
 
Weitere Informationen:  www.piper.de