Die Gastfreundschaft und der Wein von der Ahr

Eine kleine Verkostung

von Konrad Beikircher

Foto © Frank Becker
Die Gastfreundschaft
und der Wein von der Ahr
 
Der Ahrtaler hat sich dafür entschieden, sich weder höher legen zu lassen - wie die Eifel von der Lava - noch an den Rhein zu ziehen: aus gutem Grund. Er ist der bodenständige Genießer schlechthin, er hat es an der Ahr so wat von schön. Und dann hat er dafür gesorgt, dat et ihm an der Ahr jot jeiht. Zunächst mal hat er den janzen Müll entsorgt: jahrzehntelang hat er das, was nun wirklich keiner trinken kann, dem Holländer und dem Kumpel aus dem Revier in die Gurgel geschüttet und Platz für die wirklich guten Tropfen geschaffen. Dann hat er dafür gesorgt, daß alles, was das Leben schön macht, da ist: Vom Spargel in Remagen bis hin zur Fischräucherei mitten im Wald (von den raffinierten Käseveredelungen etc.pp. ganz zu schweigen). Schließlich hat er dafür gesorgt, daß auch genügend Winzer und Köche allererster Sahne da sind, die ihm so auftragen können, daß er nie mehr weg will vom Ahrtal. So gesehen ist der Ahrtaler der bodenständige Rheinländer schlechthin, aber von höchster sinnlicher Qualität. Und als Weintrinker hat er, was dem ‚normalen’ Rheinländer (der ist ja Biertrinker) abgeht: Geschmack. Diese Drei-Sterne-Bodenständigkeit und sinnliche Heimatliebe ist eine Mischung, die ich wundervoll finde. Und das gibt es nur an der Ahr.
 
Das Schwimmbad in Bad Bodendorf: da müßte amfürsich eine Glasglocke drüber, damit da nichts verändert wird. 50er Jahre in Reinkultur! Das Holz der Umkleidekabinen ist identisch mit dem der Schwimmschule in Bruneck, wo ich als kleiner Junge immer durch die Ritzen gelinst habe um zu gucken.... Dieses Bad ist eine derartige Harmonie von Landschaft und Nostalgie, daß es einem ganz warm ums Herz wird. Für mich eines der schönsten Bäder im ganzen Rheinland, gerade weil es nicht überkosmetisiert ist.
Dann natürlich Heppingen und Dernau und Rech und Kloster Marienthal und und und Ihr habt im Ahrtal fast zuviel von allem, was schön ist, das ist das Problem!
 
Also da muß ich sagen: selten fühle ich mich bei meinen Auftritten so wohl wie quasi „in den Armen“ vom Hans Stefan Steinheuer. Die leise und selbstverständliche Art, mit der dieser Künstler – und erst recht seine Frau Gabi, die Meisterin der Gastfreundschaft – mich begleitet ist unbeschreiblich. Da kannst Du Dich nur noch wohl fühlen. Und wenn es Dir so gut geht bist Du es auch auf der Bühne! Außerdem freust Du Dich dann auf das, was es nach dem Auftritt gibt! Und: ich darf dort essen, wo ich am liebsten bin: in der Küche bei den Köchen!
 
Oh, da bringen Sie mich aber in arge Verlegenheit. Meine Favoriten sind die Frühburgunder und die Weißen vom Werner Näkel und vom Kloster Marienthal (und und und...), die haben aber alle schon Namen, und schöne obendrein. Also in Anlehnung daran, daß ich aus Südtirol stamme (und immer ein Überetsch-Gefühl habe, wenn ich von Esche den Buckel ins Tal runterrutsche), sollte es schon ein Roter sein. Und bei der Qualität, die an der Ahr mittlerweile da ist, wäre ich mit – fast – jedem Wein einverstanden. Aber da darf ich schon anmerken: hätte ein Ahr-Wein es nötig, vom Beikircher „gesponsort“ zu werden?
Also der Blauschiefer vom Werner Näkel wäre da ganz vorne, dann käme ein kleines Päuschen, dann käme der Weißburgunder von ihm, dann käme ein kleines Päuschen, dann kämme der Pfarrwingert (der natürlich amfürsich ganz oben stehen müßte aber ich mag halt den mineraligen Geschmack vom Blauschiefer so verflixt gerne), dann kämen Kloster Marienthal und Stodden und und und mein Gott, ich kann sie ja nicht alle aufzählen (Adeneuer trink ich immer in der Therme, weil er so fruchtig-frisch ist!). Wahr ist, daß ich die Ahr-Weine wirklich den meisten Weinen, die ich kenne, vorziehe, was vielleicht damit zu tun hat, daß es eine geschmackliche Verwandtschaft zwischen den Südtiroler Weinen und denen von der Ahr gibt. Das muß wohl am Boden liegen. Oder daran, daß die Südtiroler Winzer auch so knorrige Genußspechte sind wie die Winzer von der Ahr.
 
 
Blutwurst mit Äpfeln
 
100 g geschälte Äpfel
50 Blättchen frischer Thymian
15 g Butter
100 g Blutwurst
1 Prise Knoblauch
8 g Butter
20 ml Calvados
Zimt
Salz
Pfeffer
 
Äpfel scheibeln, in der Butter anbraten, Thymian und Zimt zugeben.
Blutwurst in nicht zu dünne Scheiben schneiden, etwas Knoblauch beifügen, in wenig Butter kurz anbraten, mit Calvados löschen, mit den Äpfeln vermengen. Salzen, frischen Pfeffer überstreuen und servieren.
 
Dazu paßt ganz herausragend der Mönch vom Klostergut Marienthal. Er gibt dem Gericht Boden und, unter uns, wertet es geschmacklich auf!
 
Ich sitze mit meinem Freund Xy in einem schönen Restaurant im Rheinland. Er ist Rotweintrinker aus, wie er immer wieder betont, Überzeugung. Bei der Suche nach einem Rotwein schlage ich einen roten von der Ahr vor. „Bis Du beklopp, deutscher Rotwein, nee, niemals, alles Panscherei, nee, nee, das muß schon ein Franzose sein“ und bestellt Burgund. Ich muß auf die Toilette und sage im Vorbeigehen dem Sommellier, er möge doch ins erste Glas „versehentlich“ einen Ahr-Frühburgunder einschenken. Es klappt besser, als ich dachte. Xy hat gar kein Auge für die Flasche er probiert mit geschlossenen Augen, ganz der Kenner, den Wein und ist hingerissen: „Da, bitte, versökens, es dat ei Dröppche? Jahaa, dat jitt et bei deutschem Roten ewwer nit, dat es schon mal klar! Wunderbar!“. Absolut filmreif erschrickt jetzt der Sommellier, entschuldigt sich dafür, daß er einen so ordinären Roten eingeschenkt, wo der Herr doch einen Chambertin... So viel Humor aber hat er schon, mein Freund Xy, daß er innehält, den Sommellier fragt „Das ist also ein deutscher Rotwein? Von wo? Von der Ahr? Dann sage ich Ihnen: Sie haben einen Skeptiker überzeugt! Wir bleiben beim Wein von der Ahr!“. Und hat mir zugezwinkert „Du Drecksack, do hässe mich draan jekräje, ewwer: ich hätt et nit für möglich gehalten!“ und war bekehrt. Eigentlich müßte es für solche Menschen eine deutsche Wein-Medaille geben!


In diesem Sinne
Ihr
Konrad Beikircher
 

©  2012 Konrad Beikircher für die Musenblätter
Redaktion: Frank Becker