Das Lämpchen glüht noch!

Zum 60. Verlagsjubiläum veröffentlicht der Diogenes Verlag eine Faksimile-Ausgabe seines ersten Buches

von Frank Becker

©  Diogenes
Das Lämpchen glüht noch!

In diesen Tagen feiert einer der gediegensten belletristischen Buchverlage der Welt sein 60-jähriges Bestehen. 1952 gründete der Schweizer Daniel Keel (1930-2011) den Zürcher Diogenes Verlag zunächst als Verlag für Cartoons, mit einem der besten englischen Zeichner als Autor des ersten Verlagsproduktes: Ronald Searle (1920-2011) lieferte eine Werkauswahl mit 99 bissigen bis bitterbösen Cartoons aus seinen erfolgreichen Büchern „Hurraah for St. Trinians“, „The female Approach“ und „Back to the Slaughterhouse“. Ein deutscher Titel wurde gesucht und gefunden: „Weil noch das Lämpchen glüht“ – und Friedrich Dürrenmatt schrieb als Vorwort eine warnende Rechtfertigung für Searles Arbeiten. Ein grandioser Einstand für den Ein-Mann-Verlag, in einer mutigen Auflage von 3.000 Stück.
In den folgenden Jahren schloß sich die Creme des internationalen Cartoons dem englischen Altmeister an und verlieh dem Diogenes Verlag, der jetzt auch ausgesuchte Belletristik verlegte, auf dem Sektor der Illustration die Weltgeltung, die er später auch auf dem Feld der Literatur erwarb. Chaval, Paul Flora, Bosc, Loriot, Virgil Partch, Sam Cobean, Gerard Hoffnung, Sempé, Norman Thelwell, Tomi UngererEdward Gorey, Chas Addams, Peter Neugebauer, Siné, Reiner Zimnik… - nur eine Auswahl der Anfangsjahre.

"Kommt herein! Schluß mit dem Pausenspiel!"
(Come along, prefects, playtime over.)
 
Zum 60-jährigen. Jubiläum hat der Diogenes Verlag, der jetzt unter der Leitung von Daniel Keels Sohn Philipp und Keels Compagnon der Anfangsjahre, Rudolf C. Bettschart steht, den Geniestreich der Stunde Null mit einer Faksimile-Ausgabe gewürdigt. „Weil noch das Lämpchen glüht“ ist soeben in einer wunderschönen Neuauflage erschienen. Ach es ist köstlich, wieder in den Grausamkeiten der Schülerinnen von St. Trinians zu schwelgen, in den Musik-Cartoons die Nähe Searles zu Gerard Hoffnung zu erkennen, seinen bissigen Umgang mit der eitlen Kulturwelt und das englische Understatement zu genießen.
Geschäftsführer Daniel Kampa, dem auch die vor zehn Jahren erschienene illustrierte Verlagschronik zu verdanken ist, hat dem Band, der nichts von seinem köstlichen Humor verloren hat, ein erhellendes Nachwort mitgegeben, das die Entstehungsgeschichte des damaligen Kleinverlages und seines ersten Buches referiert. Wer es noch nicht hat, sollte es sich schnell beschaffen, denn „Weil noch das Lämpchen glüht“ ist ein Klassiker, der in jede Bibliothek gehört.
 
„Weil noch das Lämpchen glüht“ – 99 boshafte Zeichnungen von Ronald Searle, gerechtfertigt durch Friedrich Dürrenmatt
© 1952/2012 Diogenes Verlag, 104 Seiten, gebunden, 16,90 €
 


Weitere Informationen: www.diogenes.ch