Auf den Spuren der Haflinger

Ein hippologischer Ausflug

von (und mit) Theo Reisner

Foto © Theo Reisner

Auf den Spuren der Haflinger
in Nord- und Südtirol

Hippologischer Ausflug für tierliebe Kurzurlauber (mit und ohne Sattel) 



Die Rundreise zum 133. Geburtstag des Haflingers in Schluderns/Südtirol führt zu wichtigen Zentren der Pferdezucht und zu einem vielfältigen Reitangebot für Kurzurlauber. Sehenswürdigkeiten entlang der Strecke beschäftigen auch Mitfahrer, die mit dem Reiten nichts am Hut haben, in ausreichendem Maße. Dem Zauber dieser liebenswerten, weil umgänglichen und zugleich hübschen  Pferderasse erliegen - aus der Nähe betrachtet - dann alle.


Die Haflinger-Route

Die Route verläuft von Ebbs in Tirol - Nachbarort von Kufstein - über den Brenner nach Jenesien bei Bozen, weiter über Hafling oberhalb von Meran und dann durch den Vinschgau zum Reschenpass zurück ins Inntal. Ganz am Anfang steht unbestritten die Geburt des Hengstfohlens "249 Folie" im Vinschgau 1874. Die Kreuzung zwischen dem Araberhengst "El Badavi" und einer galizischen Landstute gilt als Stammvater der heute weltweit über 200.000 lebenden Haflinger. Den Rassenamen gab der Ort Hafling nahe Meran. Die noblen Städter spotteten damals: "... jetzt kommen die Haflinger mit ihren Kleppern". Das änderte aber nichts an deren vorzüglicher Eignung für den Transport von Menschen und Gütern auf schmalen Saumpfaden, die Pferden eine hohe Trittsicherheit abverlangen. Billiger Unterhalt und genügend Ausdauer für die Verbindung weit auseinander gelegener Bauernhöfe im hochalpinen Bereich trugen zur allgemeinen Beliebtheit ebenso bei wie ein hervorragendes Orientierungsvermögen auch bei


Vinschgau - Foto © Theo Reisner
Nacht. Die traditionsreiche Bedeutung in der Landwirtschaft ging dann mit der Erfindung des Traktors verloren.

Eine Rasse mit besonderen Qualitäten

In Mitteleuropa spielt die Familie Schweisgut vom Fohlenhof in Ebbs die erste Geige, 150 Pferde - darunter 50 Stuten, die ausschließlich für die Zucht verwendet werden - leben hier im weitläufigen Gelände am Fuße des Wilden Kaisers, als Gebirge bei Wanderern hoch im Kurs. Einen guten Klang hat der Ort auch bei Musikfreunden, denn hier steht mit 4.307 Pfeifen und 46 Registern die größte Orgel der Welt. Hannes Schweisgut weiß um die feinen Unterschiede in den einzelnen Ländern und daß den Südtiroler Haflingern rund  5 Zentimeter fürs Idealmaß bei der Höhe am Widerrist fehlen - nach Maßstäben aus Nordtirol. Auch um die Probleme mit Trends, etwa bei der Farbe des Fells. Denn "Umzüchtungen" dauern gut 5 Generationen, das sind 25 Jahre, und dann kann sich die Mode schon wieder geändert haben! Schon im Zeitalter des Traktors trat der Wunsch nach einem „Universal-Pferd“ zutage. Keine andere Rasse ist als Sportgerät, Streichelpartner und Dienstleistungs-Betrieb gleichermaßen geeignet. Nordtirol kreuzte vorübergehend mit  Munighi-Arabern in Richtung elegante Form und bessere Bewegung. Südtirol hatte Mühe, dem Schweif eine rotblonde Färbung anstelle der gängigen weißen einzuhauchen und die Deutschen wurden lange Zeit wegen ihrer Einkreuzung von Arabern international ignoriert. Der bayerische Autor und Tierarzt Michael Schäfer sprach vom einem „Kreuzungsschock" - und maßgebliche Züchter unserer Tage stimmen darin überein, daß sich „Kunstrassen“ häufig durch verkrampfte Seelenleben auszeichnen und innere Werte längere Zeit für Veränderungen benötigen als äußere. Noch vor wenigen Jahren sprach der Präsident des italienischen Zuchtverbandes bei einem Jubiläum in seiner Festrede vom "vorzüglichen Fleischlieferanten" und beleidigte damit die versammelten Südtiroler Züchter unisono. Die hatten den Kopf eher bei der Ausformung des Aalstreifens (Fellstrich entlang der Wirbelsäule) oder bei Stern und Blesse (Muster ober- bzw. unter der Augenlinie). Rein statistisch lag der gute Mann mit den Fleischlieferanten gar nicht weit daneben, denn von rund 600 Hengstfohlen jährlich wandern in Norditalien 500 zum Schlachter, 40 leben als Wallach mit spürbaren Einschränkungen weiter, und nur etwa 60 finden für die Zucht Verwendung - bei dieser Gelegenheit


Foto © Theo Reisner
werden "erfolgreiche"  Hengste bis zu 350 Mal Vater. Mit der sogenannten Körung vor einer ehrwürdigen Kommission gehört man als Haflinger im dritten Lebensjahr zur absoluten Elite und erreicht Marktpreise bis zu € 15.000,-

Pferde und Äpfel
(ein Schelm, der anderes dabei denkt)

Nach Verlassen der Autobahn in Matrei geht es auf der Staatsstraße nach Bozen weiter. Empfehlenswerte Abstecher auf diesem Teilstück: Gossensaß, evtl. mit dem Naturschutzgebiet Sterzinger Moos, dann Brixen, älteste Tiroler Stadt und Klausen als mittelalterliche Bergwerkssiedlung. Das Gasthaus „Zum Hirschen“ alias Unterwirt in Jenesien bei Bozen (gleich neben der Kirche) mit seinem angesehenen Haflingergestüt gehört der Familie Oberkofler und bietet ausgedehnte Hochalmen für längere Ausritte, zum Beispiel zum Tschögglberg mit seinen fünf idyllischen Berg-Dörfern entlang eines europäischen Fernwanderwegs. Weiter geht´s auf kleinen Straßen links der Etsch in Richtung Meran, durch unzählige Obstplantagen - 700.000 Tonnen Äpfel werden hier jährlich geerntet. In Burgstall weist eine Abzweigung nach Lana mit seinem Obstbaumuseum und der alten Pfarrkirche. Kurz vor Meran folgt rechter Hand dann ein Wegweiser nach Hafling. Wer jetzt das Mekka der Haflinger erwartet, wird enttäuscht. Allerdings ist hier der Reiterer Alois (vulgo „Sulfner“) als jahrzehntelanger  Obmann des Südtiroler Zuchtverbandes mit 1.200 Mitgliedern zu Hause und mit seinem Sulfner Hof auf reitende Gäste eingestellt. Ein lohnender Abstecher ins Passeier Tal (rund 20 Kilometer) führt zum Sandwirt, dem Stammhaus von Andreas Hofer, heute eine Haflingerzucht mit Reitbetrieb. Der „Anderl“ war ja neben seiner politischen Karriere immerhin Pferdehändler. Weiter gehts zum „Steinerhof“ der Brüder Karl und Albin Hofer in Pfelders, spezialisiert auf Kutschenfahrten und Schlittenfahrten im Winter.


Gran am Reschenpaß - Foto © Theo Reisner
Sehenswürdigkeiten am Wege

Zurück im Vinschgau, lohnt  Schluderns einen Halt. Weniger als Geburtsort des ersten Haflingers, vielmehr als Sitz der Churburg aus dem 13. Jahrhundert - sie gilt als Schönste im ganzen Südtiroler Land. Ein paar  Kilometer weiter liegt Glurns mit einem sehenswerten Dorfkern aus dem Mittelalter. Später dann - beim Betrachten der Kirchturmspitze im Stausee von Gran am Reschenpaß als Übergang nach Österreich - ist die Wetterscheide zum raueren Nordtirol deutlich zu spüren.

Informationen Nordtirol:

Fohlenhof A-6341 Ebbs, Tel. 0043-5373-42210, www.haflinger-tirol.com - mit Veranstaltungskalender, z.B. Auktions-Wochenende mit Shows, Hengst-Schau „60 Jahre Fohlenhof Ebbs“ vom 28.-30.9.07.


Foto © Frank Becker


Informationen Südtirol:

Südtiroler Haflinger Pferdezuchtverband, Galvanistraße 38, 39100 Bozen, Tel. 0039 0471 063970, www.haflinger-suedtirol.it  - ebenfalls mit Veranstaltungskalender, z.B. 11. Nationale Hengst-Körung in Meran, mit Herbst-Galopprennen, 12.-14.10.07.

Redaktion: Frank Becker