Katharine Hepburn, Greta Garbo und Inka

Aus dem Tagebuch

von Erwin Grosche

Foto © Frank Becker
Katharine Hepburn, Greta Garbo
und Inka

23. Juli: Der Ohrenmann: Der Mann war berühmt für seine großen und starken Ohren. Auf Partys konnte er als Kleiderständer Eindruck schinden. Manchmal hüpfte er behängt mit Mantel und Jacken wild über die Tanzfläche. Irgendwann hatte er eine Freundin, die nicht mehr wollte, daß er sich so in den Vordergrund schob. So wurde der Ohrenmann nur noch jemand, der große starke Ohren hatte. Armer Ohrenmann. Kannst du mich hören?
 
24.7.: Inka erzählte mir die Geschichte, wie sie einer Freundin ihre Wohnung zeigte. Als die beiden im Schlafzimmer standen, ging die Freundin zu Inkas Bett, auf dem eine Wärmflasche lag, sah Inka an, strich über das Ding und seufzte: „Ja, ich habe auch eine. Was ist nur los mit uns?“ Mir wurde ganz sonderbar. Ich kannte genau diese Geschichte von Katharine Hepburn, die diese Anekdote von Greta Garbo erzählte, als diese mal bei ihr zu Gast war. Ich erzählte aber Inka nichts davon.
 
27.7.: Stadtbummel: unangenehm, wie die Schaufenster rechts und links von mir um meine Aufmerksamkeit buhlten. Genervt ging ich in eine Kunstausstellung und konnte mir trotzdem hinterher keinen Salatteller mehr zusammenstellen. Alles hatte noch mehr an Bedeutung verloren und an Bedeutung gewonnen. Ich war nur noch Opfer meiner Sinne.


© 2012 Erwin Grosche - Erstveröffentlichung in den Musenblättern