Nicht komisch (jedenfalls nicht immer)

Matthew Diffee – „Die besten Cartoons, die der New Yorker nie druckte 2“

von Steffi Engler

Nicht komisch
(jedenfalls nicht immer)

 
E
s gibt Humor, der nicht jedem zugänglich ist, Späße, die ein sehr spezielles Verständnis erfordern, und es gibt Witze, die bei der Zensur unter den Tisch oder der Schere zum Opfer fallen. Die Gründe dafür können mannigfaltig sein. Politische Unkorrektheit, wie deftige Sexualität als Ablehnungsgrund in den USA sehr und auch in Deutschland zunehmend beliebt, Verletzung religiöser Gefühle und besonders bei Verfechtern radikaler Glaubensausrichtungen ein herrlicher Grund Flaggen zu verbrennen, Mordanschläge gegen Humoristen zu verüben oder öffentlich deren Tod zu fordern. Da ist aber nichts zu machen, wenn der Prophet in der Blasphemie zum Selbermachen gesichtslos bleibt. Ätsch. Gelegentlich ist es aber vielleicht auch nur das über-das-Ziel-hinaus-Schießen des Satirikers mit dem Zeichenstift, schlicht ein ausgeprägt schlechter Geschmack, der zur Zensur führt. Aber auch das besonders dunkle Schwarz mancher Späße läßt von Fall zu Fall den roten Stift ansetzen.
Der New Yorker Cartoonist Matthew Diffee hat es sich zur Herzensangelegenheit gemacht, solch ausgesonderte, bei der Redaktion der legendären amerikanischen Satirezeitschrift "The New Yorker" unter den Zensur-Tisch gefallene Cartoons dem Orkus des Vergessens, der editorischen Verdammnis zu entreißen und sie zum Vergnügen eines schadenfrohen Publikums nun doch auszustellen. Über die Berliner Präsentation seiner international erfolgreichen Wanderausstellung "The Rejection Collection" und das dazu im Liebeskind Verlag erschienene Buch berichtete Andreas Greve im vergangenen März in den Musenblättern. Ein wunderbares Buch mit köstlichen Unkorrektheiten.

Nun hat der Liebeskind Verlag - so wie es auch Diffee bereits 2007 tat - nachgelegt: "Die besten Cartoons, die der New Yorker nie druckte 2". Auf 95 Seiten taucht der Cartoonist ein weiteres Mal in den Papierkorb der gezeichneten Satire, fördert Verdammtes zu Tage. Sagen wir es gleich, wie es ist: weit weniger erfolgreich und nicht annähernd so originell wie beim großartigen Beginn des Projektes. Es ist wie so oft auch bei der Erfolgs-Fortsetzung eines Kinofilms: Teil 2 schwächelt. Dabei sollte man annehmen können, daß Diffee bei seinen Recherchen Unmengen durchaus wunderbar unkorrekter Zeichnungen gefunden hat, deren Urheber sich darum reißen müßten, in einer solchen Sammlung veröffentlicht zu werden. Der Verlag schreibt dazu: "Für diesen Band hat Matthew Diffee seine Kollegen um ihre (zweit)besten abgelehnten Arbeiten gebeten, herausgekommen ist wiederum eine erstklassige Sammlung von Cartoons." Das trifft nur zum Teil zu. Persönlicher Geschmack der Rezensentin, kann man dieser Einschätzung entgegenhalten. Das mag sein. Doch einige der ausgewählten Cartoons sind allzu flach, bleiben an der Oberfläche etwas zu billiger Pointen, sind allenfalls aus der Mappe der drittbesten gefischt worden und nicht witzig. Das ist schade, macht aber die individuelle Entscheidung des „New Yorker“ verständlicher. Zehn Gründe der Ablehnung von Cartoons listet Diffee im Anhang zu seiner zweiten Sammlung auf – und hält sich mit der Auswahl fast peinlich genau und nachvollziehbar daran.
Nun liegt mir fern, Ihnen hier vorzugeben, was ich dazu zähle. Das sollten Sie schon selber herausfinden oder vielleicht zu einer ganz anderen Entscheidung kommen.

Es sind natürlich auch jetzt – über die vielfältige Enttäuschung hinaus - wieder etliche ungemein witzige Funde zu bejubeln, was mit der Umschlag-Illustration beginnt. Ein paar der positiven Beispiele sehen Sie hier:


© Christopher Weyant



© MIke Twohy



© Gahan Wilson
 
 
Matthew Diffee – „Die besten Cartoons, die der New Yorker nie druckte 2“
© 2012 Liebeskind Verlag,  95 Seiten, Gebunden mit Schutzumschlag, ISBN 978-3-95438-000-8
€ 18,90
 
Weitere Informationen: www.liebeskind.de