Spannung 2012 (2)

Krimis - empfohlen

von der Musenblätter-Redaktion

Foto © Frank Becker
Hochspannung (2)

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der Musenblätter-Redaktion


Na, schon für den Urlaub gepackt? Wohin soll denn die Reise gehen - mal wieder ins gesunde Reizklima der Nordsee oder vielleicht doch in die Berge? Die Erholung wartet überall - es hängt nur von Ihnen ab, was Sie daraus machen. Die Redaktion der Musenblätter hat für Sie und für jeden Geschmack abermals einmal einige aktuelle Titel zusammengestellt, deren Lektüre Ihnen das süße Nichtstun (auch zu Hause in Köln auf dem Balkon, im Berliner Schrebergarten oder im Schatten eines Apfelbaums auf einer schwäbischen Streuobstwiese) mit Spannung würzen wird. Viel Vergnügen - und gute Erholung!

Bufo alvarius

Die Bayern-erfahrene Autorin Nicola Förg schickt diesmal ihre beiden sympathischen und erfahrenen
 
Ermittlerinnen Irmengard (Irmi) Mangold und Kathi Reindl und deren Kollegen Andrea, Sailer und Sepp Gschwandtner von der Kripo Garmisch zur Lösung eines besonders verzwickten Mordfalls in die 2.000-Seelen-Gemeinde Krün im Werdenfelser Land. Dort ist der Gänsedaunenproduzent (alles artgerecht und ökologisch, versteht sich) Kilian Stowasser inmitten einer Unzahl von - nein, nicht Gänsen - exotischen giftigen Frösche,
Spinnen, Skorpionen, Schlangen und Echsen tot aufgefunden worden. Das Gift einer Mamba war sein Ende. Oder vielleicht doch das Sekret der Colorado-Kröte? Als sich später herausstellt, daß auch der angebliche Unfalltod seiner Frau zwei Jahre zuvor ein Mord gewesen ist, nimmt der Fall größere Dimensionen an.
Neben der Mordgeschichte transportiert Nicola Förgs neuer Krimi ein weitgehend unbekanntes Phänomen, das in der Fachsprache als "Animal-Hoarding" bezeichnet wird, die krankhafte Neigung, Tiere in großen Mengen um sich zu scharen, ohne noch in der Lage zu sein, diese artgerecht zu versorgen. Der Durchschnittsdeutsche kennt das ähnlich von Berichten über Haushalte, in denen z.B. 24 Katzen, eine große Menge Schlangen oder Alligatoren in einer Etagenwohnung gehalten werden. Die erschreckenden Dimensionen in "Mordsviecher" lassen schaudern. Nicola Förgs Roman hat zwei gleichermaßen spannende Ebenen, die sich schließlich verknüpfen lassen. (ros)

Nicola Förg: „Mordsviecher“ - Kriminalroman
2012 Pendo, 297 Seiten, Klappenbroschur, ISBN-13: 978-3866123106, € 14,99
 
Wer das Schwert erhebt…
 
Julia Kehrmann, Lehrerin an einem Hamburger Gymnasium, wird während einer Klassenfahrt mit
 
K.o.-Tropfen betäubt und vergewaltigt. Die traumatisierte junge Frau, die glaubt, daß ihre Schüler die Tat begangen haben, sucht nicht die Hilfe der Polizei, sondern hofft, die schreckliche Tat vergessen zu können. Als sie lernen muß, daß ihr das nicht gelingen kann, vertraut sich einer Journalistin an: Eva de Boeur. Sie will heruasbekommen, wer ihr das angetan hat. Der Plan dahinter ist der Wunsch nach Rache. Daß sie sich ausgerechnet dieser Journalistin anvertraut, hat seine Gründe: sie weiß um die Verbindung eines zweiten Vergewaltigungsopfers mit Eva de Boer.
Eva wird von Julia zur Umsetzung ihrer Rachepläne instrumentalisiert. Frank Bresching schont den Leser mit diesem Protokoll von Gewalt und Rache nicht. Zu Recht, darf man sagen, denn das grausame Verbrechen der Vergewaltigung wird bis heute von der Justiz und der Gesellschaft nicht seiner Schwere entsprechend verurteilt. Dabei steht es nach Ansicht vieler Kriminal-Psychologen, Rechts-Experten und Mediziner auf der gleichen Stufe wie Mord. Der Sog von „Evas Entscheidung“ läßt seine Leser bis zum bitteren Ende nicht los. (stef)
 
Frank Bresching: "Evas Entscheidung" - Kriminalroman
2012 Grafit Verlag , 219 Seiten, Broschur, ISBN: 978-3894253967 - € 8,99
 
Insel-Geheimnisse
 
Januar 1959 - Aushilfsarchivar Steffen Stephan wird auf die Nordsee-Insel Nordhörn geschickt, um
 
das Archiv der Inselgemeinde zu ordnen. Es ist bitterkalt, die Insel ist den Gewalten von Sturm, Kälte und See ausgesetzt. Irgendwie scheint auf dem Eiland die Zeit stehengeblieben zu sein. Oder wünschen das einige der äußerst verschlossenen Inselbewohner aus sehr dubiosen Gründen vielleicht sogar?  Könnte das daran liegen, dass im Archiv düstere Geheimnisse schlummern, die besser nicht bekannt würden? Daß sein Vorgänger unter mysteriösen Umständen ums Leben gekommen ist, läßt die Sache nicht unbedingt in hellerem Licht erscheinen. Steffen Stephan forscht beharrlich weiter und stößt auf Spuren, die zurück ins Jahr 1938 führen. Wer hat wohl Interesse daran, die Archivsuche und den Archivar zu stoppen? Denn Steffen sieht sich plötzlich selbst im Fokus unmittelbarer Gewalt.
„Nordhörn“ von Jürgen Rath ist ein Glücksfall. Unterhaltsam, bisweilen sogar mit typisch trockenem norddeutschem Humor – und vor allem richtig spannend. Würde ich auf jeden Fall für einen Urlaub an der Nordsee in den Koffer packen. (sab)

Jürgen Rath: „Nordhörn“  -  Ein Nordsee-Krimi
2012 Sutton Krimi, 272 Seiten, Broschur, ISBN: 978-3-86680-964-2 – 12,- €
 
Selbst ist der Mann
 
Und noch mal gehen wir zurück in die 50er Jahre, die Zeit des deutschen Wirtschaftswunders:
 
Andreas Graff, Texter einer Kölner Werbeagentur, wird von seiner Firma damit beauftragt, einen vermutlich durch einen Insider begangenen Ideendiebstahl aufzuklären. „Wir setzen einen Maulwurf auf den Maulwurf an“. Dita Röder soll das sein, eine echte Zuckerpuppe. Sie wird in die Firma eingeschleust und soll sich an den Ideendieb heranmachen. Doch schon auf Seite 18 ist sie tot, erwürgt. Hauptkommissar Viekötter nimmt Graff als Verdächtigen ins Visier, man kennt sich noch aus brauner Zeit und hat ein Hühnchen miteinander zu rupfen. Noch sind die Verhältnisse, so kurz nach dem 2. Weltkrieg in der schwer zerstörten Stadt noch nicht gefestigt. Andreas Graff traut der Polizei nicht und beginnt mit eigenen Nachforschungen in dem höchst gefährlichen Unterwelt-Milieu Kölns. Da braucht er die Hilfe des alten Kumpels Helmut Schlawizek, der im Milieu zu Hause ist.
Der Kölner Rolf Hülsebusch hat seine Geschichte mit viel Witz, dem typisch rheinischen Charme und Chuzpe, mit originellen, gut gezeichneten Charakteren und einem temporeichen Plot ausgestattet. Zeit- und Milieu-Kolorit sind hervorragend gezeichnet, der Roman ein Bonbon für Krimi-Freunde und 50er-Jahre-Nostalgiker. Von Hülsebusch möchte man mehr lesen. (bec)
 
Rolf Hülsebusch, „Zuckerpuppes Tod“ - Köln Krimi Classic
2012 Emons Verlag, 176 Seiten, Broschur - ISBN 978-3-89705-934-4, € 9,90
 
Müllgeld
 
Die langjährige Beziehung zu Gerda, Bruno Böllmanns Lebensgefährtin und Partnerin seiner Kölner
 
Anwaltkanzlei, hat tiefe Risse bekommen. Das stürzt den lebenslustigen Anwalt in tiefe Melancholie. In dieser Stimmung beauftragt ihn ein Industrieller, der erpreßt wird, mit einer Geldübergabe. Bruno Böllmann wird schnell klar, daß mehr dahinter steckt, und er gerät in den gefährlichen Strudel undurchsichtiger Machenschaften um die Entsorgung hochgiftiger Substanzen. Die Grenzen von Recht und Gerechtigkeit, Schuld und Sühne, Moral und Gewinnstreben lösen sich auf im herbstlichen Regen, der Köln und das Bergische Land überzieht. Ein Krimi voll greller Dissonanzen, schräger Typen und einer Handlung, die ebensowenig losläßt wie die Synkopen eines Blues. Werner Geismar, Autor von „Kölner Samba“ und „Kölner Requiem“, erzählt in seinem dritten Bruno Böllman Roman einen spannenden Wirtschaftskrimi aus dem zwielichtigen Entsorgungsmilieu, der die Rolle von Tätern und Opfern unter Hochspannung in Frage stellt. Im dritten Böllmann-Krimi geht es actionreich zur Sache! Und wir wissen ja, die Kölner Müll-Mafia gibt´s... (red)
 
Werner Geismar: „ Kölner Blues“  -  Kriminalroman
2012 Gardez! Verlag, 253 Seiten, Broschur, ISBN: 978-3-89796-236-1 -  € 9,90