De mortuis nil nisi bene dicendum

Im September 1962 erschien Heft 1 der der satirischen deutschen Monatszeitschrift "pardon!"

von Frank Becker

     Titelzeichnung © Loriot - Foto: Archiv Musenblätter


Als Ende August 1962 das erste Heft von "pardon!", der von Erich Bärmeier und Hans A. Nikel herausgegebenen ultimativen deutschen Satirezeitschrift an die Kioske kam, veränderte sich die Zeitschriftenlandschaft für immer.

Tabus wurden in Bild und Text schamlos gebrochen, Generationen entzweiten sich über die Inhalte, Politiker schnaubten und die Zensur wetzte die Messer - doch die Größten des zeitgenössischen deutschen und europäischen Humors erwiesen dem Magazin durch Mitwirkung, Gruß oder Gastbeiträge Reverenz. Genießen Sie einmal die Liste der Namen derer, die am Bukett von Heft
Nr. 1 beteiligt waren:
Erich Kästner, Loriot, Werner Finck, Chlodwig Poth, Gerhard Zwerenz, Erich Kuby, Hans Traxler, Ephraim Kishon, Kurt Halbritter, Walter Hanel, Robert Neumann, Hans Magnus Enzensberger, M.Y. Ben-Gavriêl, Jaroslav Hasek, Karl Dedecius, Hugo Hartung, C. Northcote Parkinson,Trez - und etliche andere mehr.

Schon die im ersten Heft auf die Fahrt geschickte "Straßenbahn namens Sehnsucht" war ein Aufreger, der den Volkswartbund ("Vor Nuditäten, Schmutz und Schund schützt der Deutsche Volkswartbund") mit den Zähnen und der Zensurschere klappern ließ. Indizierungsanträge folgten einander in schöner Regelmäßigkeit und machten "pardon!" umso bekannter - und beliebter. Fortschrittliche warben in pardon!: S. Fischer Verlag, Neckermann, F.A.Z., Scharlachberg, magnum, Stolzenberg Büromöbel, Süddeutsche Zeitung, Pepsi-Cola, dtv, Paul List Verlag und die Aktion Gemeinsinn. Hab ich jemanden vergessen? Pardon!
pardon! wurde zur Wiege der Neuen Frankfurter Schule und nicht einer dieser Elite hätte in späteren Ausgaben gefehlt. Namen wie Robert Gernhardt, F.W. Bernstein, Friedrich-Karl Waechter, Lützel Jeman und Eckhard Henscheid gehörten ins Impressum wie die großer Zeichner: Peter Großkreuz, Tony Munzlinger, Bosc, Ton Smits, Volker Ernsting, Poth, Trez und so weiter.

pardon! hat nicht überlebt, aber Spuren hinterlassen. Alles spätere, was auf den Satire- Zeitschriften-Markt drängte, war an dieses Vorbild angelehnt. Mit einem artigen Kratzfuß: Danke, pardon!