Cinqueterre (2)

Genüsse für Leib und Seele

von Frank Becker

Foto © Frank Becker
Genießen im Cinqueterre
 
Wer jedoch einmal dort gewesen ist, wird das Erlebnis der Postkartenkulisse, die ihn dort hinter jeder Serpentine der Zufahrtsstraßen erwartet nicht vergessen, denn ein solch malerisches Bild bietet sonst nur noch das berühmt Portofino, knapp 50 km weiter nördlich gelegen. Palmen, Kakteen und üppig wuchernde Agaven, Zitronen-, Orangen- und Cumquat-Bäume in den Vorgärten zeugen vom warmen mediterranen Klima der Region. Vom Snobismus, den Portofino überrollt hat, ist das Cinqueterre allerdings glücklicherweise (noch) verschont geblieben. Schon vor rund 100 Jahren hatte es englische Dichter wie Percy Bysshe Shelley und seine Frau Mary und Lord Byron sowie den deutschen Komponisten Richard Wagner dorthin gezogen. Wer viel Wissensdurst mitbringt, ist bei Oretta Meneghini bestens aufgehoben, die im Auftrag des „Sistema Turistico“ kundig Führungen leitet.
 
Von Genua/Rapallo im Nordwesten oder vom östlich gelegenen, einst gleichermaßen mondänen –

Foto © Frank Becker
die prächtige Uferpromenade zeugt noch davon – wie durch seinen Kriegshafen militärisch bedeutsamen La Spezia ist die Region per Eisenbahn leichter erreichbar als mit dem Auto. Für Tagesausflüge ist das allemal zu empfehlen, man erspart sich z.B. den Dauerstau in La Spezia und steht am Zielort nicht vor dem schier unlösbaren Problem, sein Auto zu parken. Denn kaum etwas ist im Cinqueterre kostbarer als der Boden, dessen Fläche ideenreich und oft genug Schwalbennestern ähnlich zum Bau von Häusern genutzt wurde.
Und bitte: schenken Sie sich als Reisende die Ruhe, die dem Ziel angemessen ist. Tausende eilen hinter fähnchenbewehrten Guidas durch die hübschen Gassen, knipsen, filmen, kaufen Souvenirs und verschwinden im Galopp wieder. Sie nicht, denn Sie werden sich nach einem gemütlichen Spaziergang durch eins der Städtchen (manche heißen auch „Borgo“, weil sie aus alter Zeit Stadtstatus haben) zwischen Romaggiore und Monterosso al Mare – Vernazza ist vielleicht eines der hübschesten Ziele – geruhsam zum Essen hinsetzen und bei Fisch und Pasta oder der regionaltypischen Spezialität „Farinata“ und einem trockenen Wein der Region einfach mal die Zeit vergessen. Bestellen Sie nach einigen kleinen Vorspeisen, darunter auf

Foto © Frank Becker
jeden Fall frittierte Anchovis und kleine Tintenfische und nach einer Pasta mit echtem Pesto eine gegrillte Dorade. Fangfrisch zubereitet ist das weiße Fleisch dieses wohlschmeckenden Fisches eine wirkliche Delikatesse. Trinken Sie dazu einen jungen weißen Sassarini aus Monterosso oder vielleicht einen Fior di Luna aus der Kellerei Bosoni in Ortonovo – und bleiben Sie ein paar Stündchen sitzen. Das „La Cambusa“ in Monterosso nahe der Bucht ist ein guter Ort dafür. Es wird Ihnen gut tun. Und der Wirt Pietro Fossani (siehe Teil 1 gestern) wird Ihnen dann auch sicher gerne von der Flut erzählen, die sein ganzes tief gelegenes Lokal inkl. Küche verwüstet und mit Schlamm gefüllt hat. Er ist besonders stolz, es auch ohne staatliche Hilfe und Versicherungsleistungen (die zahlten nicht) geschafft zu haben und wieder Gäste bewirten zu können.
 
Gut essen und trinken und einen schönen Ausblick genießen kann man aber auch anderswo, denn nicht nur dieser schöne Küstenstreifen bietet solide bis erlesene Genüsse. Orte wie z.B. Tellaro und

Corsetti ... - Foto © Frank Becker
Lerici südöstlich von La Spezia sind durchaus sehenswert. Den besten und preiswertesten Cappuccino bekommt man in "Arnold´s Bar" in Montemarcello, die Bergregion oberhalb der Cinqueterre ist zudem weithin bekannt durch ihre Produkte aus Kastanien (Pasta, Polenta, Gebäck) und große Steinpilzvorkommen. In Varese gibt es aus einer weitgehend autarken milchwirtschaftlichen Bio-Kooperative hervorragende Käse und die größte Bio-Joghurt-Produktion Italiens. Varese ist auch für seine runden, Stück für Stück einzeln mit Holzformen heregestellten „Corsetti“ berühmt – ich muß vorbehaltlos einräumen, noch nie so delikate Pasta mit Olivenöl und Pinienkernen gegessen zu haben. Das hausgebackene Kastanienbrot dazu ist ebenso eine kulinarische Offenbarung! Sündhaft leckere, mit Puddingcreme gefüllte „Cannoli“ (Blätterteighörnchen) und eine große Auswahl von Pralinen, Torten und Kuchen gibt es bei „Gemmi“ in Sarzana, einer alteingesessenen Pasticceria, und eine auf den Punkt gegarte Dorade serviert Ihnen die Küche des Hotel „Royal Sporting“ in Portovenere. Schließlich ist der Chef ein Cavaliere der

... und womit sie gemacht werden - Foto © Frank Becker
italienischen Küche. Sollten Sie Quartier in La Spezia genommen haben (gehen Sie als ruhesuchender Feriengast nicht ins grauenhaft ungemütliche und laute Jolly Hotel gleich gegenüber dem Fischerei- und Containerhafen!), lohnt sich am Abend ein Spaziergang zum „La Pia“, einem volkstümlichen Lokal mit langen Tischen, in dem sich ab 20.00 Uhr Großfamilien und Freundeskreise aller Generationen zum Schwelgen in allerlei Variationen der „Farinata“ treffen. Aus einem dünnen Kichererbsenteig, ähnlich wie Flammkuchen gemacht, ist diese „La Spezia-lität“ dort am besten weit und breit zu bekommen, versichern Eingeweihte. Der namenlose Hauswein dazu ist leicht und bekömmlich.
 
Wer sich für die Seefahrt interessiert, ist in La Spezia bestens aufgehoben, schließlich ist die Stadt seit Napoleon I. mit ihrer natürlichen Bucht neben einem Umschlagplatz für Containerschiffe und der Fischerei der größte und wichtigste Militärhafen der italienischen Kriegsmarine, mit Werft und Arsenal, sowie den berühmten Segelschulschiffen „Amerigo Vespucci“ und „Palinuro“. Auch das größte Marinemuseum des Landes finden Sie in La Spezia. Verlassen Sie sich aber nicht darauf, daß die Ausflugsboote, die ihnen den spektakulären Blick auf die Küste des Cinqueterre versprechen, auch wirklich ablegen: bei Seegang tun sie es nämlich nicht. Am Abend spazieren viele Einwohner hinaus auf die Fischerei-Mole, um im Licht des Sonnenuntergangs die spät einlaufenden Container-Giganten zu bewundern oder den Fischern beim Flicken der Netze zuzuschauen. Auch das hat etwas.


Der Hafen von Portovenere - Foto © Frank Becker 
 
Wer sich über Reisemöglichkeiten informieren möchte, findet hier die richtigen Adressen:
In Italien:
Sistema Turistico Golfo dei Poeti, Val di Magra e Val di Vara
Piazza Europa,16 – 19121 La Spezia
Tel. & Fax: 0039-0187-733525 oder www.stl.sp.it – e-mail: info@stl.sp.it
In Deutschland:
ImaTur Italia Marketing Touristik Service GmbH - Hohenstaufenring 63 - 50674 Köln
Tel. 0221/921 34 30, Fax: 0221/921 34 39, e-mail: info@imatur.de


Ein sehr hübsches Kapitel über die Region des Cinqueterre und die in unserem Reisebericht erwähnten Ortschaften findet sich auch in dem 2012 im Piper/Malik Verlag erschienenen Buch von Bruno Maccalini: "Die italienischen Momente im Leben. Eine Reise durch das schönste Land der Welt". Der Schauspieler erzählt darin als Kenner seiner Heimat aus seinem Leben, von seinen Reisen, Wohnorten und Tourneen durch Italien. Das charmante und vergnügliche Buch mit Kapiteln über alle Ecken Italiens von Sizilien bis Südtirol bekommt man  unter der ISBN 978-3-89029-410-0 im Buchhandel.
284 Seiten, gebunden, Schutzumschlag, Lesebändchen, Glossar,

12 Fotoseiten, 19,99 €


Weitere Informationen unter: www.malik.de