Meister der komischen Kunst

Robert Gernhardt, Erich Rauschenbach und F.W. Bernstein bei Kunstmann

von Frank Becker
Es bleibt komisch

Kunstmann setzt seine Reihe
"Meister der komischen Kunst"
mit ausgesuchten Bänden fort


Es ist wirklich nicht leicht, aus der Vielzahl brillanter deutscher Zeichner und Cartoonisten eine Auslese für eine solche Reihe zu treffen - WP Fahrenberg hat es unternommen, wir konnten ihnen hier ja schon die Auswahl-Bände über das Werk von BECK, Rudi Hurzlmeier, Ernst Kahl und Gerhard Glück vorstellen, jetzt liegen schon wieder neue Sammlungen vor, von denen Sie unbedingt erfahren sollen.

Da wäre zunächst einmal Robert Gernhardt (1937-2006), einer der Gründerväter der Neuen Frankfurter Schule, maßgeblich beteiligt an der gezeichneten Satire und dem blanken Ulk in der legendären Zeitschrift "pardon" sowie als Lyriker von Rang in die Annalen der deutschen Dichtung eingegangen. Andreas Platthaus, M.d.D., stellt ihn vor und gleich an den Anfang Klassiker wie "Amor und Tapir", "Drama in der Steppe" und natürlich den: "Der Kragenbär/der holt sich/munter/einen nach/dem andern/runter." Wer kennt den nicht? Schnuffis, Männer auf verlorenem Posten, Galerie der Meister, Hubert Hefel und zum guten Ende noch der: "Wo dieser Strich/zu Ende/ist,/da wartet/schon/der Antichrist. Sie sehen schon, Gernhardt ist längst Volksgut geworden. Die Auswahl für diesen Auswahlband ist gelungen.

© 2011 Verlag Antje Kunstmann - 112 überwiegend farbige Seiten, gebunden, 16,- €

F.W. Bernstein, bürgerlich: Fritz Weigle (*1938) entstammt ebenfalls der "pardon"-Generation, die für Jahrzehnte die deutsche Satire geprägt hat. Vincent Klink, berüchtigter Mittäter beim Küchen-Magazin "Häuptling Eigener Herd", hat es unternommen, der hier naturgemäß nur marginalen Auswahl aus dem zeichnerischen und lyrischen Werk Bernsteins ein launiges Vorwort voranzustellen, und Herausgeber WP Fahrenberg hat ein Gespräch mit dem Künstler aufgezeichnet, das sich überwiegend um die wiklich goldenen "pardon"-Zeiten und Bernsteins legendäre Kollegen dieser Zeit dreht.
Daß das "Sündige" ebenso wie der Alkohol bei F.W. Bernstein wie bei seinen Kollegen der späten
60er und frühen 70er Jahre eine bedeutende Rolle spielt, liegt auf der Hand. Unser kleiner Auswahlband läßt mit Beispielen wie "Geiler Tanz", "Der gestirnte Pimmel über mir", "Aus der Kunstgeschichte", "Wenn Engel, dann solche" und "Die Wollutsch" davon einiges sehen.
Der graphische Witz Bernsteins kommt wie u.a. auf Seite 19 ganz wunderbar mit einer der Naschlust zum Opfer gefallenen Tafel Schokolade zum Tragen, bei Dostojewski auf S. 51, im Abtzeichnen auf S. 83 und fast zuletzt im Selbstportrait auf Seite 104. Und wo bleibt Adorno? Na klar – ist dabei, wie bei allen Alt-68ern.

© 2012 Verlag Antje Kunstmann - 112 überwiegend farbige Seiten, gebunden, 16,- €

Sprach ich soeben bei Fritz Weigle über die "Luscht"? Erich Rauschenbach (*1944) hat dem Eros mit seinen vor- und nachbereitenden Maßnahmen einen wesentlichen Teil seines zeichnerischen Schaffens gewidmet. Die kleine Kunstmann-Auswahl der Reihe „Meister der komischen Kunst“ trägt nicht von ungefähr den Titel „Die erogenen Zonen“. Die Deckelillustration spricht dazu eine eindeutige Sprache. Ein Klassiker Rauschenbachs ist die oft zitierte Bilderfolge: Er (schwärmt): „Ich mag deine Augen! Ich mag deine Lippen! Ich mag deine Brüste! Ich mag deine Muschi! Ich mag deinen Hintern!“ - Sie (denkt): Er mag meine Nase nicht…“. Ja so sind sie, die Frauen. Rauschenbach hat´s erkannt. Auch ihre Frage an den neuen Verehrer: „Ganz ehrlich: Wie als schätzen Sie mich?“ und den Gedanken „Wenn er mich richtig schätzt, hat er bei mir verschissen“ gehört in diese Kategorie. Nun soll aber kein Mann glauben, er käme ungeschoren davon (vgl. Titelzeichnung). Denn auch die männliche Fahr- und Nachlässigkeit im Umgang mit den Frauen und dem eigenen Körper, spielt eine nicht unerhebliche Rolle. Und sicher ebenfalls nicht ganz ohne Grund hat man den anatomisch
bewanderten Dr. Eckart von Hirschhausen um ein Vorwort gebeten. Der bringt die Sache mit naturwissenschaftlicher Sachlichkeit so auf den Punkt: „Merke: Die Frau hat mehr erogene Zonen, als der Mann Hände hat. Umgekehrt gilt: Hat die Frau alle Hände an allen erogenen Zonen des Mannes, hat sie immer noch eine Hand übrig für eine ihrer eigenen Zonen. Klingt komisch, ist aber so.“ Daß Erich Rauschenbach sich eigenem Bekennen nach nie vom Sujet Frau gelöst hat, macht ihn besonders sympathisch – denn „…mal ehrlich, es gibt doch keine Landschaft, die interessanter ist als eine Frau!“
Doch auch Rauschenbachs Standards "Lieschen" und "Rüdiger", einer seiner Foto-Romane, die Stehtischgespräche, kleine Melancholien und seine Acrylmalerei der letzten 20 Jahre finden neben dem Verhältnis der Geschlechter durchaus Berücksichtigung. Erstaunlich, was man alles in so ein schmales Bändchen packen kann. Morgen hat Erich Rauschenbach übrigens Geburtstag.

© 2011 Verlag Antje Kunstmann - 112 überwiegend farbige Seiten, gebunden, 16,- €


© Erich Rauschenbach


Weitere Informationen: www.kunstmann.de