Das Bonner Bundeshaus und sein Architekt Hans Schwippert

Ein Buch von Gerda Breuer

von Michal Kroemer mit einem Beitrag von Frank Becker
Das Bonner Bundeshaus
und sein Architekt Hans Schwippert
 

Die Anfänge der „Bonner Republik“ sind in den Köpfen der Menschen verbunden mit den Sitzungen im ersten Plenarsaal des Deutschen Bundestages. Der Architekt des 1949 mit Gründung der Bundesrepublik Deutschland in nur acht Monaten errichteten Bonner Bundeshauses war Hans Schwippert. Ein soeben bei Wasmuth (Tübingen) erschienenes, von der Wuppertaler Kunsthistorikerin Prof. Dr. Gerda Breuer herausgegebenes Buch erinnert 60 Jahre danach an den berühmten Architekten und an das Ende der 1980er Jahre abgerissene Bonner Bundeshaus.
Der Remscheider Hans Schwippert (1899-1973) beschwor in der unmittelbaren Nachkriegszeit mit seiner sachlich-bescheidenen und offenen Gestaltungsweise den Geist der Demokratie: Transparent und lichtdurchflutet, die Parlamentariersitze in kreisförmiger Anordnung, bescheiden in der Ausstattung, sollte der Plenarsaal in Bonn ein klares Gegenbild zur pompösen Machtinszenierung des Nationalsozialismus und seines diktatorischen Unrechtsstaates sein.
 
Das zunächst als Provisorium von Bundestag und Bundesrat geplante Gebäude-Ensemble geriet gleichwohl bald in die Kritik bei Politikern, unter anderem bei Kanzler Konrad Adenauer. Unterschiedliche Vorstellungen von Tradition und Fortschritt lassen sich aus der Korrespondenz ablesen. Schwippert formuliert darin ein unmißverständliches Plädoyer für eine demokratische Moderne und ihre architektonischen Symbole. Noch 1978 Ort der internationalen Begegnung bei der 65. Interparlamentarischen Konferenz, wurde das in den 1980er Jahren baufällig gewordene Gebäude ab 1986 abgerissen, um einem Neubau Platz zu machen. Prof. Breuer: „Damit wurde ein Gebäude zerstört, das wie kaum ein anderes für die demokratischen Anfänge in Deutschland nach 1945 stand. Der jüngeren Generation wird das Bonner Bundeshaus nur noch medial oder museal vermittelt, als Denkmal ist es verschwunden.“
 
Der neue Plenarsaal wurde 1992 an Stelle des ehemaligen Schwippert-Baus nach Plänen der Stuttgarter Architekten Behnisch & Partner errichtet und wird heute als Teil des „World Conference Center Bonn“ genutzt. Aus Anlaß des 60. Jahrestages der konstituierenden Sitzung des Ersten Deutschen Bundestages fand am vergangenen Montag im ehemaligen Plenarsaal eine Feierstunde statt, bei der Bundestagspräsident Norbert Lammert im Beisein von Bundespräsident Horst Köhler und Bundeskanzlerin Angela Merkel die Festrede hielt.
 
Das Buch von Prof. Breuer über das alte Bundeshaus und seinen Architekten Hans Schwippert erinnert in Wort und Bild an die Herausforderungen und Probleme beim Aufbau des ersten

...acht Jahre später abgerissen
Parlamentsgebäudes. Es macht auf die Herkulesleistung des Architekten und seines Teams aufmerksam, den Bau unter erschwerten Bedingungen und in Rekordzeit errichtet zu haben. Der Band gibt außerdem einen Einblick in die vielen Debatten um Funktionalität und Ästhetik des Gebäudes.
 
Hans Schwippert verantwortete als viel gefragter Architekt des Wiederaufbaus in Deutschland auch das Bundeskanzleramt im Palais Schaumburg und den Wiederaufbau der St.-Hedwigs-Kathedrale in Berlin. Von ihm stammt auch das Karl-Arnold-Haus der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften in Düsseldorf. Hans Schwippert war seit 1946 Professor an der Staatlichen Kunstakademie Düsseldorf, deren Rektor er von 1956 bis zu seiner Emeritierung 1966 war.
 
Gerda Breuer, Hrsg.: Hans Schwippert. Bonner Bundeshaus 1949. Mit einer Auswahl aus dem Briefwechsel mit Konrad Adenauer; 110 Seiten, Klappenbroschur, Wasmuth-Verlag, Tübingen, September 2009, 19,80 €.
 
Gerda Breuer | Curriculum Vitae
Jg. 1948, Studium der Kunstgeschichte, Baugeschichte, Philosophie und Soziologie in Aachen, 1974-76 und 1978
Forschungsaufenthalt in den USA, Magister Artium in Soziologie; Promotion in Kunstgeschichte. Lehrtätigkeit in Ann Arbor (Michigan, USA), Amsterdam, Leiden, Aachen, Bielefeld und Köln. Internationale Museums- und Ausstellungstätigkeit. 1985 bis 1995 Leiterin von drei verschiedenen Museen
Forschungsaufenthalte in den USA und Niederlande. Seit 1995 Professorin für Kunst- und Designgeschichte an der Bergischen Universität Wuppertal; Leiterin des Instituts für angewandte Kunst- und Bildwissenschaften, Leiterin der dortigen Design- und Fotografiesammlung. Veröffentlichungen zu Kunst-, Fotografie- und Designgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts.
Zuletzt:
Willi Moegle. Die Sachfotografie, 2004;
Designgeschichte ausstellen. Die Designsammlung der Universität Wuppertal, 2005;
Jupp Ernst 1905 –1987. Designer, Grafiker, Pädagoge, 2007.
Das gute Leben. Der Deutsche Werkbund
nach 1945, 2007.

Weitere Informationen unter:
www.wasmuth-verlag.de

Redaktion: Frank Becker