Boop boop bee doo!

Manche mögen’s heiß (Sugar) am Landestheater Coburg

von Alexander Hauer
Landestheater Coburg 
Manche mögen’s heiß (Sugar)
Musical von Jules Styne



Musikalische Leitung: Roland Fister | Inszenierung: Detlef Altenbeck | Choreografie: Katharina Torwesten | Bühnenbild: Erwin Bode | Kostüme: Diemut Remy | Dramaturgie: Christof Wahlefeld | Fotos: Henning Rosenbusch
BesetzungSir Osgood Fielding: Jens Müller-Rastede | Jerry (Daphne): Niklaus Scheibli | Joe (Josephine): Helmut Jakobi | Bienstock: Wolfgang Mühlenbeck | Sugar Kane: Kathrin Molsberger | Sugar Kane: Ulrike Barz | Sweet Sue: Elga Mangold | Impressario/ Taxifahrer: Boris Stark | Spats Palazzo: Jason-Nandor Tomory | Knuckles Norton: Martin Trepl | Dude: Griffin | Erster Gangster bei Spats: Simon van Rensburg | Olga: Gabriele Bauer | Dolores: Monika Tahal | Mary Lou: Joanna Stark | Rosella: Stefanie Schmitt | Chor des Landestheaters Coburg | Ballett des Landestheaters Coburg | Statisterie des Landestheaters Coburg
 
Billy Wilder hat´s vorgemacht

Jules Styne gehört zu den Großen der amerikanischen Musikszene, wenn er auch nur mit wenigen Musicals im Gedächtnis bleibt. Sein musikalisch bestes dürfte „Gypsy“ (1959) sein, sein

Ballett des Landestheaters - Foto © Henning Rosenbusch
bekanntestes, dank Barbra Streisand, „Funny Girl“ (1964). 1972 erblickte die erste Fassung von „Sugar“ das Licht der Welt. Ein grundsolides Musical, das in seinem musikalischen Duktus genau einer 30er Jahre Revue folgt. Handwerklich ausgereift, aber leider ohne einen einzigen wirklichen Showstopper. Erschwerend kommt noch dazu, daß dieses Musical eine schwere Hypothek vor sich herschiebt. Die Vorlage ist wohl die beste Filmkomödie Hollywoods, Billy Wilders genialer Wurf „Some like it hot“ (1959). Es gibt kaum jemanden über 30, der diesen Film noch nicht gesehen hat. Und dieser Film prägt durch seine Besetzung (Marilyn Monroe, Tony Curtis, Jack Lemmon, Joe E. Brown) natürlich auch die Erwartungen der Zuschauer. Lohnt sich da noch ein Besuch des Musicals in Coburg? Diese Frage läßt sich einfach beantworten: JA.
 
Jazz von der Philharmonie und ein steppender Opernsänger

Unter der Leitung von Roland Fister liefert das Philharmonische Orchester gekonnten Jazz ab, das Ensemble ist brillant, das Ballett eine Augenweide. Detlef Altenbeck zeigt zum zweiten Mal in dieser Saison seine Qualitäten als Komödienregisseur. Im Bühnenbild von Erwin Bode und in den Kostümen von Diemut Remy werden die Ereignisse nach dem 14.2.1929, jenem berühmt berüchtigten Valentinstags-Massaker wieder lebendig. Sweet Sue,  Elga Mangold, eine wunderbar zickige  Damenbandleiterin braucht für die Fortsetzung ihrer Tournee dringend ein Saxophon und ein Bass. Joe und Jerry (Helmut Jakobi und Niklaus Scheibli) wären die ideale Besetzung, haben aber leider ein Extra zuviel, so dienen sie für Bandmanager Bienstock (Wolfgang Mühlenbeck) nur zu einem Botengang. In einer Garage sollen sie aus einem Auto Notenmaterial abholen und geraten mitten in den Bandenkrieg zwischen Knuckles Norton (Martin Trepl) und Spats Pallazzo (Jason Nandor Tomory). Opernsänger Tomory gibt in schlangenhafter Eleganz den skrupellosen Gangster und empfiehlt sich als ausgezeichneter Tapdancer.

Männer in Frauenkleidern und "Diamonds are a girl´s best friend"

Um ihre Haut zu retten schlüpfen Joe und Jerry jetzt in die Rollen von Josephine und Daphne, und treten damit eine Lawine aus Komik und Geschlechtsidentität los. Zwei Hetenchauvis im engen Schlafwagenabteil mit einer Damenband. Mittelpunkt des Interesses der beiden Herren ist das naive Blondchen Sugar Kane. Kathrin Molsberger spielt das Dummchen entwaffnend, ohne dabei das

Niemand ist perfekt - Foto © Henning Rosenbusch (Scheibli/Rastede)
große Rollenvorbild MM zu imitieren. Sugar erzählt Joe/Josephine ihr Schicksal- Saxophonisten. Und ihren Traum einen Brille tragenden Millionär mit Yacht. In Miami angekommen sehen sich die Mädels einer Horde alternder notgeiler Millionäre ausgesetzt. Rudelführer ist Osgood Fielding (Jens Müller-Rastede), gerade mal wieder geschieden, aber auch schon wieder auf der Jagd. Sein Opfer ist Daphne. Joe verkleidet sich als Shell Oil, jr., und begibt sich auf Jagd nach Sugar. Für Joe verläuft alles nach Plan, und auch Daphne gefällt sich immer mehr in der Rolle der Millionärsverlobten. Alles geht gut, bis auf einmal Spats Pallazzo mit seiner Bande auftaucht. Daphnes Verlobungsgeschenk, ein Brillantarmband, soll die Zukunft der beiden Jungs retten. Dann bekommt Joe aber Gewissensbisse und überläßt Sugar das wertvolle Stück. Auf Osgoods Yacht treffen sie sich alle wieder, nicht wissend, daß Spats von seinen eigenen Leuten aus Versehen umgebracht wurde. Osgood  besteht weiterhin auf eine Hochzeit mit Daphne, trotz  deren Einwand, sie habe eine dunkle Vergangenheit, sie lebe seit mehreren Jahren mit einem Mann zusammen, sie rauche, sie könne keine Kinder kriegen, ach sie sei überhaupt ein Mann. Lapidar Osgoods Antwort: „Niemand ist perfekt“.
 
Boop boop bee doo!

Boop boop bee doo! -Ulrike Barz -  Foto © Henning Rosenbusch

Nobody’s perfect, das stimmt wohl, aber perfekt war der Gesamteindruck des gelungenen Premierenabends. Ein wohltemperiertes Orchester, ein spielfreudiger Chor, aufs schönste getrimmt von Stefan Meier, diesmal nicht nur sängerisch, sondern auch schauspielerisch und tänzerisch gefordert, singende Schauspieler, tanzende Opernsänger, eine wunderschöne Choreographie von Katharina Thorwesten, ein Bühnenbild, das an die Grenze der Leistungsfähigkeit des ehrwürdigen Hauses geht, viele geschmackvolle Kostüme, hervorragende Personenführung.
Und einen Showstopper gab’s dann doch noch. Eine Verbeugung vor Wilders Film, die Einlage „I wanna be loved by you“ (Ruby, Stothart und Kalmar, 1928, aus dem Musical „Good Boy“), unsterblich durch MMs Kieckser, aber genauso charmant von Kathrin Molsberger.
Langer, jubelnder Applaus beendete den Premierenabend für ein zufriedenes Publikum und ein glückliches Ensemble.
 
Besuchte Vorstellung:11. April 2009
Weitere Informationen unter: www.landestheater-coburg.de

Redaktion: Frank Becker