Vor 150 Jahren wurde Louise Dumont geboren

Ein Stück Theatergeschichte

von Andreas Rehnolt

Louise Dumont und Gustav Lindemann
Foto: Theatermuseum Düsseldorf
Vor 150 Jahren wurde
Louise Dumont geboren
 
Die Gründerin des
Schauspielhauses Düsseldorf
wollte "sprachliche Phantasie"
und werkgetreue Inszenierungen
 
 
Düsseldorf - "Es darf für den Theaterbesucher der Zukunft nicht mehr nur eine Angelegenheit des behaglichen ästhetischen Genusses sein, eine Theateraufführung zu besuchen. Er muß sich sagen: Eine neue Gesellschaftskultur beginnt sich zu formen im richtig verstandenen Theater." So die Schauspielerin und Gründerin des Schauspielhauses Düsseldorf, Louise Dumont, die am 22. Februar vor 150 Jahren in Köln geboren wurde. Dumont, die nach der Neuberin als die größte deutsche Theaterleiterin gilt, wollte bevor sie zur Bühne ging, eigentlich in ein Kloster eintreten. Da die Familie aber mittellos war, ging das nicht.
 
Das Schauspielhaus in der NRW-Landeshauptstadt erinnerte am 26. Februar in einer Matinée mit einer Lesung des Ensembles aus Briefen und Zeitzeugnissen an die Mimin und Theatergründerin. Das Theatermuseum Düsseldorf widmet sich nach den Worten von Leiter Winrich Meiszies mit einem ganzjährigen Vortragsprogramm, einem wissenschaftlichen Kolloquium und einer Edition der Briefe Louise Dumonts, die heute als wichtige Theaterreformerin des 20. Jahrhunderts gilt und auch als Theaterpädagogin tätig war. 
Die 1862 geborene Dumont feierte als Schauspielerin große Erfolge am Stuttgarter Hoftheater und am Nationaltheater Berlin, das damals die bedeutendste Bühne des Naturalismus war. Ihre große Liebe galt den Dramen und weiblichen Figuren des norwegischen Schriftstellers Henrik Ibsen. Über dessen Stücke lernte Dumont 1903 auch ihren späteren Mann, den Regisseur Gustav Lindemann kennen. Beide wollten ein eigenes Theater gründen, um künstlerisch unabhängig arbeiten zu können. 1905 setzten sie den Plan um und gründeten gemeinsam das Düsseldorfer Schauspielhaus, das eine entscheidende Bedeutung für die künstlerische Welt im Rheinland bekam.
 
Im gleichen Jahr trat Dumont aus der Kirche aus, weil sie Vorbehalte gegenüber der Institution hatte. Sie blieb aber bei ihrer christlichen Grundorientierung. Besonders mochte sie den italienischen Priester, Dichter und Philosophen Giordano Bruno, der von der Kirche als Ketzer verbrannt worden war. In ihren Düsseldorfer Jahren interessierte sich die Theaterfrau auch sehr für fernöstliche Religionen und schwärmte in Diskussionen vielfach von einer "wahreren Welt." Die wollte sie auch für das Theater.
"Weg vom platten Naturalismus und hin zu sprachlicher Phantasie in der Melodieführung" sei ihr Ziel gewesen, hieß es in einer Biografie. Um das zu erreichen gründete sie auch eine eigene Theaterakademie, an der Sprechen gelehrt wurde. Da das Publikum den anspruchsvollen Aufführungen allerdings nur in Maßen zusprach, begann Dumont zusätzlich mit der Herausgabe der Theater-Zeitschrift "Masken". Mit geistesgeschichtlichen Beiträgen zu den aktuellen Stücken des Spielplans versuchte sie so, den Düsseldorfern ihr Konzept des Kulturtheaters zu vermitteln. 
Ab 1909 wurde das Schauspielhaus in jeder Hinsicht ein großer Erfolg mit Aufführungen klassischer wie auch moderner Dramatiker. Doch schon der erste Weltkrieg und vor allem die Zeit danach machten Dumont und Lindemann sowie ihrem Theater das Leben schwer. Die Inflation führte 1922 schließlich zur Schließung des Hauses. Zwei Jahre dauerte es, bis die Bühne 1924 erneut öffnen konnte und wieder viel Erfolg hatte.
 
Louise Dumont selbst spielte auch mit 70 Jahren noch verschiedene Rollen. In ihrer Vorstellung vom Theater stand die Dichtung im Mittelpunkt. Folglich bemühte sie sich um eine möglichst werkgetreue Inszenierung. Die Nationalsozialisten - noch nicht an der Macht aber bereits unüberhörbar - verunglimpften die Theaterfrau und taten ihre Arbeit als "intellektualistisch übersteigertes Ästhetentum" ab, erinnerte sich der Leiter des Theatermuseums in dem 2006 erschienenen Buch "Jahrhundert des Schauspiels." 
Kurz nachdem sie mit ihrem Mann beide Teile von Goethes Faust aufgeführt hatte, starb Dumont am 16. Mai 1932 an einer Lungenentzündung. Beerdigt wurde sie auf dem Düsseldorfer Nordfriedhof. Das Grabmal gestaltete der Künstler Ernst Barlach. Aus der Theaterakademie von Louise Dumont ging eine Vielzahl von Theaterleuten hervor, die einen entscheidenden Einfluß nicht nur auf die Theaterentwicklung in Düsseldorf hatten, unter anderem Gustaf Gründgens, der nach dem Zweiten Weltkrieg sieben Jahre lang selbst Intendant am Düsseldorfer Schauspielhaus war.

Redaktion: Frank Becker