Handschuhgeschichten, falsche Männer und eine wichtige Vorsichtsmaßnahme

Aus dem Tagebuch

von Erwin Grosche

Foto © Frank Becker
Handschuhgeschichten, falsche Männer
und eine wichtige Vorsichtsmaßnahme
 

29. Februar:
Wenn Finger größer werden, verlassen sie den Fäustling und bekommen in einem Handschuh ein eigenes Zimmer. Dort können sie sich ausstrecken und über das Leben nachdenken. „Im Winter, im Winter, im Winterdomizil“. Über Fragen wie: warum hinterläßt das Ausstrecken des Mittelfingers so viele ratlose Gesichter? Warum nimmt man immer mich zum Nasenbohren? Kleiner Finger, Ringfinger, Mittelfinger, Zeigefinger und Daumen verlassen die heimelige Sammelunterkunft des Fäustlings und bereiten sich auf ihr individuelles Erwachsenenleben vor. Der Daumen ist nicht immer zu Hause. Manchmal besucht er die Sauna und schwitzt sich in der Faust rot. Der kleine Finger schläft beim Ringfinger, er hat im Dunkeln Angst und ist doch noch so klein. Nun ist sein Zimmer frei und könnte anderweitig vermietet werden. Manchmal treffen sich Ringfinger und Mittelfinger beim Daumen und spielen Skat. Er hat die größte Wohnung. Ich tu immer so, als wüßte ich nichts davon. Man muß jedem Ding seine dunklen Seiten lassen. Man kann zum Beispiel auch den linken Handschuh rechts anziehen. Mein Gott, dann muß der Daumen halt mal in die Unterkunft des kleinen Fingers schlüpfen. Das ist doch kein Skandal. Dann sieht er auch mal, wie eng es der kleine Finger hat und trampt bescheidener von Ort zu Ort. Ich habe einen Handschuh mit sieben statt fünf Fingerschlafsäcken. Im Winter brauchen auch Finger mal einen Ortswechsel. In einem Fingerschlauch habe ich ein Nagelstudio eingerichtet, in einem anderen einen Filmraum. Da laufen nur Klassiker mit schöner Musik.

1. März: Falsche Männer. Sie suchte sich immer die falschen Männer aus. Ich meine, wo fand sie die nur? Falsche Männer stehen nicht auf einem Haufen und tragen ihre Anzugsjacken auf links. Auch falsche Männer muß man erst mal finden. Da ist doch keine Party, auf der nur Männer tanzen und unter denen ist einer falsch. Oft ist der, der die Musik ausgesucht hat, ein windiger Hund, aber auch den muß man erst mal an sich ranlassen. Eigentlich ist die Chance einen falschen Mann zu angeln sehr gering. Die meisten Männer wollen Fußball gucken und sind sonst meistens auf der Arbeit. Viele Männer wissen auch, daß Frauen lieber einen Mann anschwärmen, der zu ihnen paßt. Es muß doch ein, zwei Männer geben, die nicht so falsch sind wie die anderen. Wo treffen sich denn die Jungs von der Post? Die machen doch alle einen guten Eindruck. Sie suchte sich immer die falschen Männer aus. Jetzt hat sie einen Hund, der ihr dauernd in die Wohnung kackt. Also ich meine, ….dann lieber wieder falsche Männer um sich haben, die können wenigstens ab und zu den Abfluß reparieren. Behaupten sie wenigstens.

2. März: Er trug selbst beim Schlafen seine Lesebrille. Er hatte geträumt, daß Gevatter Tod ihn besuchen würde, um ihn den Vertrag über sein sündhaftes Leben vorzulegen. Er wollte auf diesen Augenblick vorbereitet sein. Er konnte sich gut vorstellen, daß das Begreifen des Kleingedruckten über seinen Aufenthalt im Himmel oder in der Hölle entscheiden konnte.
 



© Erwin Grosche
- für die Musenblätter 2012

Redaktion: Frank Becker