Der Sturm bricht los…

Dreifacher Genuß bei Kunst³ in Wuppertal

von Frank Becker

Oskar Kokoschka Portrait Herwarth Walden ©
Fondation Oskar Kokoschka / VG Bild-Kunst

Der Sturm bricht los…
 
Dreifacher Genuß bei Kunst³
 
Wuppertal. Das Von der Heydt-Museum geht mit seinem bewährten Konzept „Kunst hoch 3“ ab 8. Februar 2012 nun schon ins fünfte Jahr. Die großen Erfolge der griffig gestalteten Verbindung von Kunst, Musik und Literatur, die in den Vorjahren zu stets ausverkauften Veranstaltungen geführt haben, sollen auch 2012 wieder durch publikumsfreundlich angelegte Konzepte erreicht werden. Alle Freunde der drei Sparten werden auf ihre Kosten kommen, da sind sich die Kooperationspartner Dr. Gerhard Finckh (Museum), Prof. Dr. Lutz-Werner Hesse (Musikhochschule) und Anne Linsel (Literaturhaus) einig. Und sie sind sich sicher, daß das äußerst attraktive Ausstellungsprogramm 2012 ein Garant dafür ist.
 

Der Sturm

Den Anfang macht am 8. Februar ein Abend, der quasi als Einführung in die am 13. März beginnende

Marc Blaue Fohlen © Kunsthalle Emden
Ausstellung „Der Sturm“ (bis 10.6.2012) betrachtet werden kann, welche von der Landesregierung NRW mit beachtlichen 150.000 € aus Mitteln der Kulturförderung unterstützt wird. Kulturministerin Ute Schäfer (SPD) sieht „mit großem Interesse“ der bis zum 10. Juni laufenden Schau entgegen, sagte sie am Montag nach einem Besuch im Von der Heydt-Museum. In Herwarth Waldens Berliner Galerie „Der Sturm“ und der gleichnamigen  Zeitschrift wurden zwischen 1910 und 1930 die wichtigsten Künstlergruppen dieser Zeit präsentiert. In der Person der Elberfelder Dichterin Else Lasker-Schüler habe zudem eine enge Verflechtung der Berliner Galerie mit der Kultur im Bergischen Land bestanden, bemerkte die Ministerin. Bevor die Ausstellung mit 200 aus aller Welt ausgeliehenen Werken (u.a. aus dem Centre Pompidou Paris, dem Museum of Modern Art und dem Guggenheim-Museum New Yorj, der Sammlung Thyssen-Bornemisza Madrid und der National Gallery Washington) ihr Pforten öffnet, wird

Mechthild Grossmann ©
Uwe Stratmann/Agentur
Sibylle Flöter
Dr. Antje Birthälmer am 8. Februar mit neuem Material in einer Dia-Präsentation in die weltweit einzigartige und umfangreichste Ausstellung der Kunstgeschichte zum „Sturm“ und seiner Künstler, u.a. Oskar Kokoschka, Franz Marc, August Macke, Oskar Schlemmer, Willi Baumeister und Robert Delauny einführen. Die Schauspielerin Mechthild Großmann wird Prosa-Texte von Lasker-Schüler und Karl Kraus lesen, der Pianist Josef Anton Scherrer Musik der Komponisten Anton Webern und Arnold Schönberg interpretieren.
Es wird sich also lohnen, sich rechtzeitig um einen der maximal 200 Plätze in der City-Kirche in Wuppertal-Elberfeld zu bemühen.
 

Karl Röhrig


Karl Röhrig Karl - Der Mann von der Winterhilfe 1933
Auch der zweite Abend der Reihe, der am 25. April dem Bildhauer Karl Röhrig gewidmet ist – „Eines meiner Lieblings-Projekte“, so Dr. Finckh, der die Einführung übernimmt – verspricht zum einen viel neue Information über den weitgehend vergessenen  Künstler, der mutig gegen die Nationalsozialisten aufgetreten ist, zum anderen ebenfalls herausragende Literatur- und Musik-Interpretationen. Karl Röhrigs beißend satirische Skulpturen wie „Der Mann von der Winterhilfe“ auf Augenhöhe mit Otti Dix und und George Grosz zeigten schon früh seinen klaren Blick auf das Kommende. Der Verfolgung durch die Nazis konnte er sich nur durch die innere Emigration entziehen. Im Sommer 2011 war Röhrigs (1886-1972) Werk bereits in Schweinfurt gezeigt worden, Gerhard Finckh hatte seinerzeit Beiträge zum Katalog geliefert und in die Ausstellung eingeführt. Nun konnte es Röhrigs Arbeiten nach Wuppertal holen.
Er sieht die Gründe für Röhrigs Erfolglosigkeit in dessen Zerriebenheit zwischen dem sich verstecken müssen im 3. Reich und  dem völlig neuen Kunstgeschmack der Zeit danach. Anders als die im Zeichen deutscher Schuld überbeanspruchten und sicher auch überbewerteten Käthe Kollwitz und Ernst Barlach verzichtete Röhrig auf die plakativ vordergründige Dramatik und deutete lieber auf die Alltäglichkeit des sozialen/politischen Wahnsinns, setzte das Spießertum der Lächerlichkeit aus. Auch in einer moderneren Gesellschaft ein Risiko, denn Spießer gibt’s immer und überall (danke EAV).
Die Schauspielerin Barbara Nüsse wird aus Stefan Andres „El Greco malt den Großinquisitor“ lesen, Dirk Peppel (Flöte) und Jee-Young Phillips (Klavier) spielen Musik von Paul Hindemith. Die Röhrig-Ausstellung ist vom 3. April bis 17. Juni 2012 zu sehen.
 
Bella Italia

Bella Italia!“ – der Begeisterungsruf über die elysische Schönheit des Traumlandes deutscher Künstler des 19. Jahrhunderts fand seinen Spiegel nicht nur in der Malerei, sondern auch in der frühen Fotografie, die sich noch dem Gedanken der Malerei verpflichtet sah. Die ersten Landschafts- und Portrait-Fotografen sahen sich noch als Licht-„Bildner“ im klassischen Sinne. Sie suchten dieses

Ingeborg Wolff - Foto © Frank Becker
Paradies im Süden mit gleichen Intentionen wie die Maler auf – nur hatten sie Kamera und Platten anstelle Pinsel und Leinwand im Gepäck. Das Von der Heydt-Museum konnte Fotografien des 19. Jahrhunderts der Sammlung Siegert und des Münchner Stadtmuseums zusammenbringen (u.a. Giorgio Sommer, Firmin-Eugène Le Dieu und Gustave Le Gray, Wilhelm Plüschow und  Wilhelm von Gloeden) und wird sie mit Gemälden der gleichen Epoche aus eigenen Beständen ergänzen. Es wird „eine herrliche Reise von Mailand, Genua und Venedig über Florenz und die Abruzzen bis nach Rom und schließlich zum Golf von Neapel“.
Anja Kiel (Sopran) und Eri Uchino (Klavier) begleiten die Reise mit italienischen Liedern und Arien, die Schauspielerin und Regisseurin Ingeborg Wolff liest Texte zur Fotografie in der Literatur. Prof. Dr. Lutz-Werner Hesse wird den Abend im Museum moderieren.


Heinrich Reinhold, Küste bei Pozzuoli © Von der Heydt-Museum
 
Peter Paul Rubens

Ein wahres Schwergewicht, zudem Multitalent unter den Malern seiner Zeit war Peter Paul Rubens (1577-1640), der in der wichtigsten Ausstellung des Jahres 2012 im von der Heydt-Museum präsentiert wird. Es soll eine Annäherung an den Intellektuellen, den Maler, Unternehmer und Politiker Rubens werden, Grund genug, ihm neben der Ausstellung vom 14. Oktober 2010 bis 28. Februar 2013 zwei Themen-Abende zu widmen.
Am 19. September, knapp einen Monat vor der Eröffnung der Ausstellung, stellt Dr. Gerhard Finckh

© Bernt Hahn
den in mancherlei Hinsicht wegweisenden Künstler erstmals vor, einen Maler auch mit der politischen Überzeugungskraft des Bildes. Dr. Finckh wird einige der Botschaften entschlüsseln, die in Rubens´ opulenten Gemälden zu finden sind und neben der Analyse seiner auch geschäftlich erfolgreichen Barock-Malerei auch die Zeit des künstlerischen Frühbarock umreißen.
Den musikalischen Teil am 19. September bestreiten Karolina Brachmann (Sopran) und Christoph Barth (Laute, Theorbe) mit italienischer und französischer Musik des frühen 17. Jahrhunderts – „ein exquisiter Abend“, so Dr. Hesse, der durch das Programm führen wird. Der literarische Teil liegt mit lyrischen Texten des Barock (u.a. Andreas Gryphius, Paul Gerhardt, Martin Opitz) wahrscheinlich in den Händen des für diese Veranstaltung angefragten Bernt Hahn.


Peter Paul Rubens, Dianas Heimkehr © Staatliche Kunstsammlungen Dresden Bridgeman Berlin
 
Beim Rubens-Abend Nr. 2, am 24. Oktober, wird Prof. Dr. Ulrich Heinen Kunsthistoriker an der Universität Wuppertal, über Rubens´ Reisen und seine hochkarätigen internationalen Kontakte sprechen, seine Tätigkeit als politischer und militärischer Unterhändler sowie über die

Bernd Kuschmann
Foto © Frank Becker
Korrespondenzen und seine Visionen eines geeinten Europa bereits im 17. Jahrhundert. Die dazu geplante „griffige“ Schlachtenmusik des Frühbarock spielt Alexander Puliaev auf dem Cembalo. „Sie werden staunen, welchen Schlachtenlärm Puliaev dem zarten Instrument entlocken kann“, kommentiert Dr. Hesse. Passend liest der Schauspieler Bernd Kuschmann Texte zu Kunst und Politik in der Literatur. Anne Linsel moderiert den Abend in der City-Kirche.
 
Informationen unter: www.von-der-heydt-museum.de  -  Karten gibt es zu den Öffnungszeiten an der Museumskasse, Restkarten an den jeweiligen Abendkassen.