Hermann, was machst du gerade?

"Best of Loriot" in TiC-Theater Wuppertal

von Frank Becker
Hermann,
was machst du gerade?
 
Als am 22. August 2011 Vicco von Bülow starb, der unter dem Namen Loriot das Humorverständnis der Deutschen völlig neu geprägt hat, entschloß sich das Wuppertaler TiC-Theater zum Gedenken an den großen Humoristen zu einer Änderung seines Spielplanes: Seit dem 5. November ist unter dem Titel „Best of Loriot“ eine Neuauflage der schönsten Szenen und Sketche Loriots zu sehen.

Mit seinen Knollennasen-Figuren, Filmen und Sketchen schrieb Loriot deutsche Cartoon- und Fernsehgeschichte, und mit seinem durch Wortwitz, Tiefsinn, Menschenkenntnis und unnachahmliche Situationskomik geprägten, feinen Humor begeisterte er Generationen von Zuschauern - bis heute. Loriot hat den Dialog völlig neu erfunden. Viele seiner typischen Formulierungen und Redensarten sind geradezu topisch in den allgemeinen Sprachgebrauch übergegangen.

Daß Loriots Humor auch auf der Bühne zündet, ist dem Publikum seit langem bekannt. Viele Bühnen haben sich seit Jahrzehnten der feinen Pointen Loriots angenommen. So auch das Tic, für das Ralf Budde bereits über viele Jahre immer wieder neue Zusammenstellungen der Loriot'schen Werke inszeniert hat. Sei es der friedfertige Ehemann, der „einfach nur da sitzen“ möchte, der erbitterte Kampf um das Teilungs-Maß des letzten „Kosakenzipfels“, Lottogewinner Erwin Lindemann, der nach einer Islandreise und einem Papstbesuch eine Herrenboutique in Wuppertal eröffnen möcht, die beiden seriösen Herren in der Badewanne, die zufällige Skatrunde oder die sich zwischen Lord und Lady Hesketh-Fortescue und North Cottlestone Hall immer auswegloser verhaspelnde Fernsehansagerin: Die ganz eigene Welt des Loriot beleuchtet genial hintersinnig den Alltag und die menschliche Natur und ist bis heute in ihrem Witz unübertroffen.
 
Ralf Budde hat mit einem neuen Ensemble (Elisabeth Wahle, Anita Zlotos, Hans-Willi Lukas, Carsten Müller, Tobias Unverzagt) die bewährten Sketche zu einem „Best of“ zusammengestellt, das vom „Spot an!“ der ersten Szene bis zum „Licht aus!“ in schönster Manier für anhaltende Zwerchfellerschütterung und nicht versiegenden Lachtränen-Strom sorgt. Das beginnt mit Herrn Blümel (Tobias Unverzagt), der während eines Benimm-Kurses erst Contenance gewinnt, sie aber mit zunehmendem Alkoholgenuß auch auf herrlichste Art wieder verliert. Es folgen Fernsehmoderatoren, Jodellehrer und der von seiner Ehefrau (Anita Zlotos) geplagte Mann, der nur mal seine Ruhe haben möchte (Hans-Willi Lukas), Rechthaber und Parlamentsredner (Carsten Müller), die bemitleidenswerte Fernsehansagerin, die eine englische Film-Fortsetzung repetieren soll (Elisabeth Wahle) – alles natürlich nur pars pro toto, denn alle fünf Personen auf der Bühne schlüpfen unentwegt und treffsicher in ständig neue Rollen. Das bleibt ohne Ermüdungserscheinungen lustig, die musikalisch-heiteren Umbauarbeiten zwischen den Szenen durch das Ensemble tragen ihren Teil zum anhaltenden Spannungsbogen bei.
Natürlich ist man zu Beginn versucht, an die allbekannten Szenen den Maßstab Lotiots anzulegen. Das TiC-Ensemble läßt mit eigener Verve die populären Vorbilder jedoch augenblicklich vergessen, ob es die Eskalation beim Zank um die gerechte Teilung des Kosakenzipfels ist oder das Wannenbad von Herrn Müller-Lüdenscheid und Herrn Dr. Kloebner – Solisten und Ensemble zeigen sich auch mitten in der Aufführungs-Staffel hoch motiviert und in bester Form. Einfach zum Schieflachen und eine dringende Empfehlung wert.


v.l.: Carsten Müller, Anita Zlotos, Tobias Unverzagt, Elisabeth WAhle, Hans-Willi Lukas - Foto ® Tic-Theater
 
„Best of Loriot“ mit Elisabeth Wahle, Anita Zlotos, Hans-Willi Lukas, Carsten Müller, Tobias Unverzagt – in der Regie von Ralf Budde ist noch bis Ende April auf dem Spielplan des TiC.

Weitere Informationen:  www.tic-theater.de