Very personal

jazz_lokal live

von Frank Becker

Foto © Frank Becker
Very personal
 
„jazz_lokal“
im völlig ausverkauften
Rotationstheater
 
Alle waren mehr als zufrieden: die Veranstalter, weil „die Bude voll“ war, so Dieter Kreidler in seiner Begrüßung für den Verein „Lennep offensiv“, die Musiker, weil eine phantastische Atmosphäre sie trug und die gut 100 Gäste, die ins Remscheider Rotationstheater gekommen waren, um die derzeit beste Hardbop-Band der Region live zu hören.
"jazz_lokal" - das sind Bert Fastenrath (Gitarre), Martin Zobel (Trompete, Flügelhorn), Andy Gillmann (Schlagzeug) und Carsten Stüwe (Orgel, Bass) - waren entsprechend gut aufgelegt und boten in perfekter Club-Atmosphäre ein mitreißendes Konzert. Mit Stücken ihrer Debüt-CD „savoir vivre“, bis auf eine Ausnahme (dazu später) durchweg Eigenkompositionen, aber auch mit einigen neuen Titeln wie „Silent Running“ von Andy Gillmann, das gerade mal vier Tage „alt“ war, ließen sie ihre Gäste den Alltag vergessen, schenkten ihnen mit Jazz, Bop und Funk Spannung, Entspannung und Träume. Mit „Wanted“ stellten sich die Solisten vor, „Storyline“ folgte mit einem ersten fulminanten Solo Carsten Stüwes an der Orgel, der Kritikerstimmen verständlich machte, die ihm mit Jimmy Smith vergleichen, und „Notes from Sweden“ präsentierte mit angezogenem Tempo Martin Zobel am Flügelhorn, der einmal mehr seinen hervorragenden Ruf als einer der besten deutschen Virtuosen an diesem durch Chet Baker und Art Farmer geadelten Instrument bestätigte.


Foto © Frank Becker

Ruhig entwickelt sich, auf das sanfte Kissen von Gillmanns Drumset gebettet, der dem Bergischen Land gewidmete „Regentag“ – ein delikates Stimmungsbild. Hier wie durchweg zeigte Bert Fastenrath die Hohe Schule des Hardbop, hörbar beeinflußt vom Genie des Größten: Wes Montgomery. Ein Genuß nicht minder Martin Zobels zärtliche Ode an „Ida-Marie“, die sanft unter die Haut und ins Ohr geht, Intro und Lead seines Flügelhorns berühren Gefühle. Das gilt auch für seine sensibel gespielte gestopfte Trompete in „Baracke“ von Carsten Stüwe, in dem sich die Solisten elegant den Ball zuspielen und Stüwe an der Orgel brilliert.
Ein weiterer brandneuer Titel ist „Twighlight“ von Andy Gillmann, das mit schleppenden Lines, raffiniert aufgebauter Spannung und kunstvoll gesetzten Pausen das feine Fingerspitzengefühl der Musiker fordert und dem Publikum Vergnügen der höheren Art bescherte. Der unübertroffene Höhepunkt des Abends wurde ein 9-minütiges Schlagzeug-Solo Gillmanns, das mit seiner Komposition zu einer traumschönen Einheit verschmolz. Diese 16-Minuten-Version des Openers der CD wurde ein zum Schmelzen schöner, unerhörter Glücksfall, der mit anhaltendem Applaus und Bravi belohnt wurde.


Foto © Frank Becker

Nach etwas mehr als zwei Stunden und drei Zugaben schloß John Lennons „Imagine“ – der einzige gecoverte Titel - in der intimen Bearbeitung von „jazz_lokal“ einen unvergeßlichen Abend.
„jazz_lokal“ ist noch einmal am 12.2.12 in der Lutherischen Kirche Radevormwald zu hören, bevor es zu Auslandsgastspielen geht.
 
Weitere Informationen:  www.jazz-lokal.de  und  www.monsrecords.de