Bilder der Tristesse

Serban Savu – „Paintings 2005-2010“

von Frank Becker

 © Hatje Cantz
Serban Savu –
„Paintings 2005-2010“
 
 
Kunst lebt von ständiger Erneuerung. Es gilt, immer wieder junge Talente zu finden und zu fördern, frische Impulse aufzunehmen, den Blick für neue, andere Sichtweisen zu öffnen. Mit der Entdeckung des Rumänen Serban Savu wird der Kunstwelt, vor allem aber Kunstfreunden mit dem Blick für das Besondere ein Maler vorgestellt, in dessen Bildern wir den ganzen Kosmos der postkommunistischen Lethargie eines geschundenen Landes und Volkes finden.
Der Verlag Hatje Cantz hat anläßlich einer international unterstützten Ausstellung 2011 in England eine Werkauswahl zusammengestellt, die exemplarisch für Savus Werk steht.

Der Verlag schreibt dazu:
„Schöne Bilder von der Tristesse: Serban Savu, ein Exponent der jungen Künstlergeneration Rumäniens. Serban Savu (* 1978, Sighisoara, ehemals Schäßburg, Rumänien) gehört zu einer Gruppe von Künstlern aus Cluj (Klausenburg), die durch ihre einzigartige Sichtweise von Leben und Kunst die Aufmerksamkeit der internationalen Kunstszene erregt haben. Ihre Perspektive

Homage to Breughel
drückt Ernüchterung gegenüber den utopischen Idealen des alten kommunistischen Regimes aus und gleichzeitig Skepsis angesichts der neuen kapitalistischen Ordnung. Die Themen von Savus Gemälden stammen aus dem Alltagsleben und zeigen bukolische Landschaften, die durch Relikte des abgelösten Regimes zerstört wurden – etwa Plattenbauten im Sowjetstil oder verlassene Fabriken. Die Menschen auf seinen Bildern stammen oft aus der ehemals glorifizierten Arbeiterklasse, doch Serban Savu nähert sich ihnen ohne jede Nostalgie. Er zeigt im Gegenteil mit großer Einfühlsamkeit die Widersprüche im täglichen Leben im heutigen Rumänien.“


Icarus 256
 
Es ist vor allem die fast unheimliche Stille, die bleiern über den wie erstarrt wirkenden Szenen liegt, in denen die Zeit keine Bedeutung hat, mit den Protagonisten der Bilder als Momentaufnahme stehengeblieben, in der Bewegung angehalten zu sein scheint. Das grotesk wirkende Nebeneinander von Mensch und Natur zwischen und in den architektonischen Relikten einstiger kommunistischer Gigantomanie bedrückt, hat nichts Erheiterndes, fasziniert jedoch ganz ungemein. Schon die sorgsam ausgewählte Deckelillustration „In the shadow of the dam“ ist im Kontrast überwältigend. Vor im Hintergrund vor der wuchtigen Kulisse eines monumentalen Kraftwerkdamms geparkte Dacia-Kleinwagen wirken rührend zerbrechlich, das im Vordergrund auf dem Gras lagernde Paar scheint völlig unberührt von Zeitläufen und Zukunftsfragen.


The silent factory
 
Apropos liegend: immer wieder malt Serban Savu liegende Menschen, auch in bizarrer Umgebung oder Situation - „The lazy fisherman“, „The silent factory“, „Sleep without dreams“, „Enlightenment“, „Untitled“ - und ebenfalls immer wieder Badende, in Nichtstun oder entschleunigter Tätigkeit verharrende, in Betonwüsten verlorene, mit dem Schieben von Automobilen, zumal der Vorzeige-Marken Dacia (Rumänien) und Ikarus (DDR) beschäftigte Menschen. Da ist sozusagen überall die Luft raus, unfertige Betonbauruinen stehen in der Landschaft herum, ihre Standorte werden sukzessive von der Natur zurückerobert, wirken wie Inseln, auf die sich Einzelne und Gruppen flüchten. Andere wieder, auch Kinder in ihrem Spiel, scheinen rettungslos verloren zwischen Plattenbauten und Beton – „The old roof“, „Inner life“, „Under the view“.


Under the view
 
Beinahe wird man schrecklich müde und mutlos beim Betrachten dieser Bilder, die Lustlosigkeit und Hoffnungslosigkeit und Warten „The edge of the empire“ spiegeln, in der Arbeit widerwillig zu geschehen scheint und die Freizeit auch nicht wirklich ein Vergnügen ist. Serban Savu, der sich mit bitterem Humor auch auf Breughel bezieht, hält in seinem Werk eine Grundstimmung fest, die unvermeidbar zum Kollaps einer eben erst scheinbar befreiten Gesellschaft führen muß. Deshalb sind seine eindrucksvollen Bilder bei aller Lethargie aufrüttelnd und aufregend. Eine Entdeckung.  
 
Serban Savu – „Paintings 2005-2010“
© 2011 Hatje Cantz Verlag, Halbleinen, 112 Seiten, 61 farbige Abb., 26,10 x 28,50 cm
Texte von David Nolan, Rozalinda Borcila, David Cohen, Gestaltung von Dan Miller (Englisch)
ISBN 978-3-7757-2839-3  - 39,80 €


The Tunnel

Weitere Informationen unter: www.hatjecantz.de  und  www.kq-daily.de