Neue Struwwelpetriaden

"Der tierische Struwwelpeter" - frei nach Heinrich Hoffmann neu erzählt von Erwin Grosche und mit neuen Zeichnungen von Sara Ball

von Frank Becker
Humorvoll und liebenswert - eine gelungene neue Struwwelpetriade

Wer kennt sie nicht, die
1845 von Heinrich Hoffmann  erdachten Figuren, Zeichnungen und pädagogischen Verse seines Kinderbuches "Der Struwwelpeter", mit denen er ein Gegengewicht zur biedermeierlichen Kinderliteratur schaffen und ursprünglich nur seinen Sohn Carl erzieherisch unterhalten wollte. Mehr als 15 Millionen Exemplare dieses seither bei jeder Generation und in jeder Kulturepoche populären Bilderbuches wurden bis heute verkauft - nicht zu reden von den Übersetzungen, Variationen und den Parodien, die als "Struwwelpetriaden" dem Vorbild in ungeheurer Zahl  bis heute gefolgt sind. Das waren die "Struwwelkinder, der "Struwwelmax", die "Struwwelliese", der "Struwwelhitler" oder der "Anti-Struwwelpeter" F.K. Waechters, insgesamt weit über 1.500, darunter auch etliche Tier- Struwwelpetriaden.

Der Kabarettist und Kinderbuchautor Erwin Grosche hat nun dem von Sammlern gesuchten Genre gemeinsam mit  der kongenialen Zeichnerin Sara Ball eine besonders liebenswerte neue Variante des "Tierischen Struwwelpeter" hinzugefügt. Auch er wurde in seiner Kindheit von dem herrlichen Kinderbuch mit dem etwas schwarzen Humor begleitet - und auch er hat den armen Konrad seiner abgeschnittenen Daumen wegen bedauert. Nicht ohne Grund nämlich wählten er und Sara Ball die humanere Lösung, den in seiner Version als Frosch gestalteten Konrad lediglich schmerzhaft von Herrn Reicher in die Daumen zwicken zu lassen. So ist es mir auch lieber. Das schwarze Schaf, das den Mohren ersetzt und der pfiffige Hase, der dem in die Rolle des Jägers geschlüpften Fuchs fast eins auf den Pelz brennt, haben wie die Maus als fliegender Robert meine ganze Sympathie.

Die von Sara Ball sehr nah an der Gestaltung des Originals, für meinen Geschmack aber viel hübscher und im Detail weit liebevoller ausgeführten Zeichnungen öffnen über die Auswahl der in die Rollen der Menschen geschlüpften Tiere und ihren subtilen Witz einen neuen Blick auf die Geschichten. Bereits der grimmige Löwe mit seiner sprichwörtlichen Mähne auf dem Dickkopf und dem Mißmut im Gesicht weckt neue Lust an den Geschichten. Erwin Grosches Verse haben die Inhalte behutsam auch sprachlich modernisiert, ohne Heinrich Hoffmann dabei Gewalt anzutun. Ein reines Vergnügen, das sich zusätzlich über das Anhören des gleichzeitig erschienenen Hörbuchs mit der Musik von Toto Blanke und den Stimmen des Autors und anderer Berufener erschließt.        

Diese Struwwelpetriade von Erwin Grosche und Sara Ball ist so recht zum Hineinkriechen und Vergnügen. Man muß sie einfach lieben. Wer seinen alten "Struwwelpeter" liebt und ihn neu kennenlernen möchte oder wer künftig den Original-Struwwelpeter verschenken will, sollte Erwin Grosches und Sara Balls "Tierischen Struwwelpeter" gleich dazu legen.
Beispielbild
Illustration © Sara Ball

Erwin Grosche / Sara Ball
Der tierische Struwwelpeter

© 2007 cbj-Verlag/Random House

30 unpag. Seiten, HLn. mit ill.Einband
und Illustrationen von Sara Ball
13,95 €

Weitere Informationen unter:
www.cbj-verlag.de
www.randomhouse.de
www.erwingrosche.de


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