Er kann´s nicht lassen…
…und sein Publikum liebt ihn dafür:
Konrad Beikircher mit seinem neuen Programm „Schön ist es auch anderswo...“ „Schön ist es auch anderswo / und hier bin ich sowieso“ diese Verse von Wilhelm Busch hat sich Konrad Beikircher zu Herzen genommen und nutzt seine feste Verwurzelung im Rheinischen Universum, um einen vergnügten linguistischen Blick aufs Kölner Umland, Sachsen (gern), Schwaben (besonders gern), Bayern (weniger gern), zu werfen und sich zu überlegen, „wie die dat denn machen, dat sie so sprechen, wie sie sprechen!“ Beikirchers feste Verwurzelung: dazu wäre zu sagen, daß die an einem Datum und an einer Uhrzeit festzumachen ist, nämlich dem 19. Oktober 1965, als der junge Südtiroler um 16.04 Uhr in Bonn Hbf. aus dem Zug stieg und nichts von dem verstand, was da so ringsum zu hören war. „Da hätt ich auch in Ulan Bator am Hauptbahnhof stehen können.“ Bis dahin war Beikircher dreisprachig: Deutsch, Italienisch, Ladinisch – jetzt kam bald seine neue Liebe hinzu, das Rheinische.
Rheinische Mathematik
Aber wie wir ja wissen, ist in diesem speziellen Fall die Integration, mehr noch: Assimilation des „züscholorischen“ Gastarbeiters blendend gelungen. Nicht allein der mittlerweile 11. Teil seiner 1989 begonnenen Rheinischen Trilogie - und die ist noch lange nicht fertig - legt beredt Zeugnis davon ab, Beikirchers zahlreiche Buchveröffentlichungen, Hörbücher und Kolumnen u.a. in den Musenblättern (musenblaetter.de/suche.php?suche=Konrad+Beikircher) tun ein übriges. „Stefan Lochner hat für seinen dreiteiligen Altar ja auch seine Zeit gebraucht.“ Die Rheinische Mathematik ist eben etwas anders. Am Rande: das Haupthaar des Maestro ist wallender geworden, ein schmaler grauer Bart ziert würdig das freundliche Gesicht, die neue Brille steht ihm ausgezeichnet. Konrad Beikircher zeigt sich in bester Form.
Arbeiterrückfahrkarte (mit siejrländr Zungenschlag)
Im restlos gefüllten Kleinen Saal der „Katt“ tastete sich der Sprachkünstler am vergangenen Mittwoch bei seinen Plaudereien über das rollende „R“ des „Vürgebirch“ (Vorgebirge) mit Alfter, Kerpen, Impekoven und des Siegerlandes ( „Sagen Sie mal „Arbeiterrückfahrkarte“ mit siejrländr Zungenschlag!“) bis nach Sachsen und Bayern, Baden/Württemberg/Schwaben, Österreich und schließlich natürlich bis nach Südtirol in seine Brunecker Heimat vor. Streng wissenschaftlich natürlich. Versteht sich. Daß er den Rothemden der Münchner Bayern nur Verachtung, den 60ern aber Zuneigung entgegenbringt, macht ihn noch sympathischer. Als Meister der Abschweifungen und brillanter Witze-Erzähler hat er nebenbei manche Lachtränen treibende Anekdote parat, wenn er über seinen beruflichen und prifaten (mit Vogel-Vau) Alltag und den „Rheinischen Widerstand“ gegenüber seinem Liebelein, auch Festkomitee oder Ehefrau genannt, berichtet. Widerstand heißt im Rheinischen nämlich nichts anderes als Ausweichen und Nachgeben. Elegant natürlich. Normal.
Duden und Rheinland im Widerstreit
Als Präsident und einziges Mitglied des Rheinischen Missionswerks, das ihn gelegentlich sogar bis ins gebirgichte (Ost-)Westfalen führt, muß er aber auch einräumen, daß Konrad Dudens Lebenswerk und das Rheinische einfach nicht in Einklang zu bringen sind. Das 756 Gesichtsmuskeln
Kadenz!!
Mit der Paradenummer der an die Bundesliga-Schlußkonferenz angelehnten atemlosen Konzert-Schlußkonferenz und den Stimmen von Edi Finger (Wien), Rainer Calmund (Leverkusen), Joachim Kaiser (Milken/München) und Marcel Reich-Ranicki (omnipräsent), die aus den Konzertsälen der Republik emphatisch über die letzten Akkorde und Kadenzen berichten, krönte der auch als Parodist begnadete Kabarettist den Abend.
Das dankbare Publikum und zugegeben auch der Kritiker wischte sich zweieinhalb Stunden lang die Lachtränen weg. Normal.
Weitere Informationen: www.beikircher.de
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