Die Kaffeemaschine

Eine Betrachtung

von Erwin Grosche

Erwin Grosche

Die Kaffeemaschine

Seitdem ich die unendlichen Möglichkeiten meines Computers entdeckt habe, empfinde ich den Aufgabenbereich meiner Kaffeemaschine doch als sehr überschaubar. Sie macht halt Kaffee - tropf, tropf, tropf, tropf: „Ja! Hihihi“.  Ich meine, was tut sie denn schon? Sie steht herum, röchelt und beschäftigt sich mit der Mischung von Kaffeepulver und Wasser. Kinderspiele. Tropf, tropf, tropf, tropf. Wie schlicht ihr Gemüt und einsam ihr Dasein. Sie steht einfach rum, wie ein Glashausbüro. Zum Glück weiß ich stets, wo ihr Filter dann hin muss, es ist dort wo das Känguru seinen Beutel hat. Hinten das Wasser und vorne der Zeiger, zeigt an, wenn es dann überläuft. „Gleich geht es los!“. Sie gibt stets nur ab, auch wenn sie bekommt, gibt stets sie nur ab, auch wenn sie bekommt. Allein die Geräusche künden von Arbeit, vom Abfinden und auch von zu großem Selbstmitleid: „Leben ist Geben und Verwandlung. Wasser zu Kaffee, das ist die Handlung!“. Ihr Stöhnen und Seufzen beim Tropfen und Mischen lässt uns erahnen und wie sie zischen: „Ich brauch einmal Pause, ich brauche Entfaltung, ich brauche mal Urlaub, ganz sicher Entkalkung“. Ich sage ganz ehrlich, ich habe Verständnis. Ich bin gern auch mal schlicht, und so teil´ ich ihr Leid. Doch dass sich ihr AN, dass ist auch ihr AUS Knopf, nicht selbstständig ausstellt, das will mir oft morgens nicht in meinen Kopf. Eine moderne Kaffeemaschine sollte sich im Computerzeitalter von selbst ausstellen können, das wäre hilfreich für alle Vergesslichen und Zerstreuten und würde ihr einen Platz in der Moderne sichern. Das finde ich echt. Das kann man erwarten habe ich Recht? „Leben ist Geben und Verwandlung. Wasser zu Kaffee, das ist die Handlung.“  Na ja, vielleicht doch nicht. Unglaublich, wie naiv sie ist. Die würde sogar Tee mit sich machen lassen.

© Erwin Grosche - Erstveröffentlichung in den Musenblättern 2007
Beispielbild
Erwin Grosche - Foto © Uwe Nölke

Erwin Grosche * 25.11.1955 in Anröchte.

Er lebt heute als Kabarettist, Schauspieler und Autor in Paderborn. Neben Kleinkunst- und Theaterproduktionen schreibt er Kinderbücher und dreht Filme. Er erhielt u.a. 1996 den „Prix Pantheon“,1999 den „Deutschen Kleinkunstpreis“, wurde im Jahre 2000 Kulturpreisträger der Stadt Paderborn und im Jahre 2004 von der Evangelischen Akademie Hofgeismar mit der „Silbernen Akademieze“ ausgezeichnet. Seit 2003 ist er Schirmherr von UNICEF PADERBORN. Er spült gerne und mäht den Rasen. Oft wäre er gerne weg, aber er geht nicht gern auf Reisen.

Werke (Auswahl): „Über das Abrichten von Grashüpfern“ (Kleinstadtgeschichten), „Vom großen G und kleinen Glück (Geschichten und Bühnentexte), „Alle Gabelstaplerfahrer stapeln hoch (Kriminalroman), „Der Schlafbewacher“ (Bilderbuch), „Warmduscherreport“, "Lob der Provinz", „Die Wirklichkeit und andere Übertreibungen“, „König bin ich gerne“, „Padermann, der Superheld“

Filme (Auswahl): „LiebesLeben“, „Die Bluthochzeit“, Tatort „Lastrumer Mischung“, „Jahrestage“, „Ich sing für die Verrückten...“, „Keiner liebt mich“, „Mutter der Braut“, „Blinde Leidenschaft“, „Wer der Welt den Atem nimmt“, „Hütchenzauber“

Rundfunk-Moderator (Auswahl WDR): „Bärenbude“, „Lilipuz“, „Unterhaltung am Wochenende“, „WDR-Liedernacht“

Weitere Informationen unter:
www.erwingrosche.de