Himmel öffne dich!

Umjubelte Premiere des „Fliegenden Holländer“ im Wuppertaler Opernhaus

von Daniel Diekhans
Himmel öffne dich!
 
„Der fliegende Holländer“.
Romantische Oper in drei Akten von Richard Wagner.
 
Musikalische Leitung: Hilary Griffiths; Inszenierung: Jakob Peters-Messer; Bühne: Guido Petzold; Kostüme: Sven Bindseil
Besetzung: Daland, ein norwegischer Seefahrer (Michael Tews) – Senta, seine Tochter (Allison Oakes) – Erik, ein Jäger (Johan Weigel) – Mary, Sentas Amme (Miriam Ritter) – Der Steuermann Dalands (Christian Sturm) – Der Holländer (Kay Stiefermann)
Statisterie und Chor der Wuppertaler Bühnen; Studierende der Hochschule für Musik und Tanz Köln, Standort Wuppertal; Sinfonieorchester Wuppertal - Fotos: Uwe Stratmann
 

Foto © Uwe Stratmann

Umjubelte Premiere des „Fliegenden Holländers“ im Wuppertaler Opernhaus
 
Ein magischer Moment. Wenn der Holländer und Senta sich das erste Mal begegnen, öffnet sich der Himmel. Im wahrsten Sinne des Wortes. Die Wuppertaler Opernbühne verwandelt sich von einer Fabrikhalle, in deren grellem Neonlicht eben noch Senta den anderen Mädchen die Ballade vom fliegenden Holländer vorgetragen hat, in einen blinkenden Sternenhimmel. Das Orchester schlägt idyllische Töne an. Daß diese Schlüsselszene – die Begegnung zwischen dem Seemann, der ewig rastlos über die Weltmeere ziehen muß, und der Jungfrau, die ihn von diesem Fluch erlösen wird – gar nicht erst in die Nähe des Kitsches gerät, ist das Verdienst von Sängerpaar Kay Stiefermann und Allison Oakes.
 
Ein Traumpaar
 
Mit seinen beiden Hauptdarstellern hat Regisseur Jakob Peters-Messer die richtige Wahl getroffen. In seinem „Fliegenden Holländer“, der am vergangenen Sonntag die neue Wuppertaler Spielzeit eröffnete, füllen Stiefermann und Oakes ihre Rollen ganz und gar aus. Nicht nur stimmlich sind sie auf der Höhe. In ihrer ernsten und sensiblen Darstellung nähern sich der Holländer und Senta ebenso vorsichtig wie zärtlich einander ein. Die Vorsicht ist verständlich, denn in Sentas Biedermeierwelt ist der Holländer eine Gestalt aus einer anderen Welt. Mit Glitzermantel, Irokesenfrisur und getönter Brille scheint er gar direkt einem der „Matrix“-Filme entstiegen zu sein. Ein größerer Kontrast zu Senta mit ihren langen Zöpfen und der biederen Ponyfrisur ist kaum denkbar. Dennoch kommt es dem Holländer so vor, als habe er von diesem Mädchen „seit bangen Ewigkeiten“ geträumt. Tatsächlich haben beide lange vor ihrer ersten Begegnung miteinander kommuniziert, und zwar über das Bild des Holländers, das Senta geradezu körperlich anzieht. In Peters-Messers Inszenierung ist das Bild nicht mehr als ein leeres Lichtfeld im Bühnenboden – eine ideale Projektionsfläche für Sentas Sehnsüchte. Am Bild übt sie den Liebesbund ein, der in einer beeindruckenden Kreuzigungsszene gipfelt: Senta, vom Holländer zu seinem rettenden Engel erklärt, bildet das Kreuz für den von seinem Fluch gemarterten Schmerzensmann. Um ihn zu erlösen, wird sie auch noch die letzte Grenze überschreiten. Dann nämlich wenn sich der Himmel ein zweites Mal öffnet.
 
Magische Momente
 
In idealer Weise arbeiten das übrige Ensemble und der Chor dem Traumpaar Stiefermann und Oakes zu. Johan Weigel als Erik ist Stiefermanns ebenbürtiger Gegenspieler. Michael Tews nimmt man den Seebär Daland, der ohne Bedenken seine Tochter Senta für Schmuck und Geld an den Holländer verhökert, von der ersten Sekunde an ab. Im ersten Akt sorgt er zusammen mit Steuermann Christian Sturm für heiteres Geplänkel – bis der Holländer und seine Mannschaft von Untoten in die harmlose Biedermeierwelt einbrechen. Selbst noch die kleinste Partie gelingt – als komische Matrone Mary bleibt Miriam Ritter in guter Erinnerung. Für viele magische Momente sorgen die Wuppertaler Sinfoniker unter Hilary Griffiths, der den gut zweistündigen Erlösungsthriller bis in die letzten Nuancen hörbar macht. Hörbar begeistert ist denn auch das Publikum, das langanhaltend diesen gelungenen Einstand in die neue Spielzeit bejubelt.


Foto © Uwe Stratmann
 
Weitere Informationen unter: www.wuppertaler-buehnen.de
 
Redaktion: Frank Becker