Loriot ist tot

Der Schöpfer des Jodeldiploms und unzähliger anderer humoristischer Großtaten starb am 22.8.2011 im Alter von 87 Jahren

von Andreas Rehnolt und Frank Becker

Foto © Frank Becker
Der Schöpfer des
"Hollerö du dödel du"
ist tot
 
Der Autor, Karikaturist, Schauspieler und Regisseur Vicco von Bülow alias Loriot starb im Alter von 87 Jahren
 
 
Der Autor, Karikaturist, Schauspieler und Regisseur Vicco von Bülow (*12.11.1923) ist tot. Er starb nach Angaben seines Schweizer Verlages (Diogenes) am Montag, dem 22. August im Alter von 87 Jahren in der Schweiz. "Je älter wir werden, desto neugieriger betrachten wir unsere Vergangenheit" hatte Loriot 1984 den 80. Geburtstag seines früheren Kunstlehrers Willem Grimm gewürdigt. Nun ist der Schöpfer des legendären  Sketchs über das Jodeldiplom mit dem Zungenbrecher "Hollerö du dödel du" für immer verstummt.

Kosakenzipfel - Foto © Frank Becker
 
In den letzten Jahren war es relativ still geworden um Deutschlands Lieblings-Humoristen. Immerhin hatte er vor wenigen Jahren in einem Interview der Tageszeitung "Süddeutsche Zeitung" erklärt: "Altern ist schon eine Zumutung." Zu seinem 80. Geburtstag hatte Loriot ein süßes Geschenk bekommen. Konditoren der Bäckereikette Kamps kreierten mit Hilfe des Humoristen den aus einem seiner TV-Sketche bekannten "Kosakenzipfel". Die Süßspeise bestand aus Mokkaschaum mit einem Zitronencreme-Bällchen. In dem Sketch wollen sich zwei Ehepaare den letzen im Restaurant verfügbaren Kosakenzipfel teilen und trennen sich schließlich geifernd und boshaft im heftigsten Streit darüber, wo genau der Schnitt zur korrekten Halbierung anzusetzen gewesen wäre. Heinz Meier gab hier wie so oft Loriots Gegen- oder Mitspieler. Namen wie Erwin Lindemann, Opa Hoppenstedt oder der des Bettenverkäufers Hallmackenreuther sind ebenso in die Geschichte des Humors eingegangen.
 
Loriot ist trotz langer Bildschirm-Abstinenz nach wie vor Millionen von TV-Zuschauern als Mann auf dem grünen Biedermeier-Sofa bekannt. Unvergessen sind seine oft mit der vor wenigen Jahren verstorbenen Evelyn Hamann gespielten Szenen, wie etwa der Verführugsversuch im Chef-Büro, die Liebeserklärung, ("Sagen Sie jetzt nichts, Fräulein Hildegard"), die an einem Stückchen Nudel im Gesicht scheitert oder die grandiose Katastrophe beim Versuch, ein schief hängendes Bild zu richten. Auch die Zeichentrickfilme wie etwa mit Herrn Dr. Klöbner und Herrn Müller-Lüdenscheid sowie einer Gummi-Ente in der Hotelbadewanne, "Auf der Rennbahn" („Wo laufen sie denn?“), der sprechende Hund ("Otto Mohl fühlt sich wohl am Pol ohne Atomstrom") oder „Hermann, was machst Du?“ zählen zu seinen Klassikern. Unvergessen wie sein Kampf mit einer Rinds-Roulade oder der geradezu beklemmenden Kalbshaxe Hawaii ist Loriots liebenswerte Parodie auf Dr. Bernhard Grzimek, in der er die Steinlaus kreierte, die es in der Folge immerhin zum Standard im klinischen Wörterbuch "Pschyrembel" gebracht hat.
 
Mit dem Alter hatte der Grimme-Preisträger nach eigenem Bekunden seine liebe Mühe. Das mache sich unter anderem durch "ächzendes Verlassen des Taxis, Unauffindbarkeit des zweiten Mantelärmels und zu Hilfe eilenden jungen Damen" bemerkbar, gestand er vor wenigen Jahren. Die Komödie "Ödipussi" mit seiner bewährten TV-Partnerin Hamann geriet zu einem der größten Filmerfolge der Bundesrepublik. 1990 folgte seine zweite Kinokomödie "Pappa ante portas". Loriot inszenierte übrigens auch musikalische Werke.
 1986 etwa glänzte er in Stuttgart mit der Oper "Martha", zu der er auch Bühnenbild und Kostüme

Foto © Frank Becker
selbst entwarf. 1988 inszenierte er bei den Ludwigsburger Schloßfestspielen Carl Maria von Webers "Freischütz". Kurz vor seinem 80. Geburtstag ernannte ihn die Universität der Künste Berlin zum Honorarprofessor. Peter Wapnewski würdigte den Humoristen damals als Menschen, der "im Lachen die Wahrheit sagt, die Wahrheit dem Lachen preisgibt und im Lachen die Wahrheit enthüllt."
Eine weitere große Ehrung erfuhr Loriot 2001 durch die Verleihung der Ehrendoktorwürde der Universität Wuppertal, der Stadt, in der Erwin Lindemann nie eine Herrenboutique eröffnet hat.

Neben den Filmen, Fernsehsketchen, Cartoons, Büchern und Trickfilmen Lotiots wird sicher auch ein Ausruf stets in Erinnerung bleiben, der typisch für die von ihm dargestellten Männerfiguren und Ausdruck der tiefen Verwunderung über die Welt wurde: "Ach was!" 

Der in Brandenburg geborene Bernhard Victor Christoph Carl von Bülow, Sohn eines Polizeimajors, stammte aus einer alten preußischen Offiziersfamilie, deren Chronik zumindest hauptberuflich den Humor nicht vorsah. Nach dem Zweiten Weltkrieg, aus dem er als Offizier heimkehrte, zeichnete von Bülow unter einem Pseudonym ab 1950 Karikaturen und Cartoons, die durch seine knollennasigen Figuren im Diplomaten-Anzug unverwechselbar wurden. Kinder kannten Loriot schon in den frühen 50er Jahren als Schöpfer der Comic-Strips um "Reinhold das Nashorn", die in der Kinderbeilage der Zeitschrift "Stern", dem "Sternchen" erschienen. Der als Pseudonym gewählte Name geht auf das Wappentier der Familie zurück, den Pirol - auf Französisch: Loriot. Im November erscheint im Diogenes Verlag Loriots Buch "Gespräche". Der Verlag zitiert in der Ankündigung daraus: Der Spiegel: "Gibt es etwas, das Sie nach all den Jahren an Ihrem eigenen großen Œuvre nervt?" Loriot: "Die Fragen dazu."

Ein weiteres Loriot-Zitat zum heiteren Abschluß: "Ein Leben ohne Mops ist möglich - aber sinnlos."
 
Lesen Sie bitte auch unseren → Gruß zum 85. Geburtstag von Loriot.
 

Foto © Frank Becker


Mehr über Loriot auch hier: www.steffi-line.de und hier: www.loriot.de
 
Redaktion und Fotos: Frank Becker