Synchronisation

von Hanns Dieter Hüsch

© André Poloczek - Archiv Musenblätter
Synchronisation

Ich habe mal eine Frage. Die ist nicht lebenswichtig, aber für mich ist sie von einigem kulturellen Wert. Ich habe früher vielen Leuten die Frage gestellt: Stört es  Sie, wenn ausländische Filme, also amerikanische, französische oder italienische, synchronisiert werden? Oder möchten Sie diese Filme lieber im Original sehen, also in der jeweiligen Landessprache? Oder möchten Sie den Film lieber mit Untertiteln versehen haben? Sie sehen, die Frage ist nicht existentiell, sondern nur kulturell. Sie gehört mit zur Abteilung Lebensqualität. Ich meine, ich bin da nicht kompetent. Ich bin ja nur ein kleiner niederrheinischer Dorfpoet, der im letzten Haus, welches mehr ein Bretterverschlag ist, im letzten Haus an der Dorfstraße wohnt, aber alle Stunde durchs Dorf humpelt, mit einer Glocke bimmelt und dabei ausruft: »Es ist Mitternacht! Es ist Mitternacht!« Ich bin jetzt wieder abgeschweift von meiner Frage. Also ich sehe mir ausländische Filme gern synchronisiert an, denn erstens spreche ich nicht perfekt ausländisch, und zweitens hänge ich an meinen Synchronsprechern. Ich weiß noch nicht mal wie die heißen, aber die Stimmen möchte ich nicht missen. Sicher, es gibt künstlerisch wertvolle Leute, die alles im Original sehen wollen, selbst wenn es abessinische Filme sind. Ich habe mal mit einer Schweizer Freundin nach dem Besuch eines schwedischen Films, der deutsch synchronisiert war, in einem chinesischen Restaurant in München einen Riesenstreit gehabt, denn sie hätte die Bergman, die Ingrid, lieber im Original gehört. Und als ich sagte: »Du kannst doch gar kein Schwedisch«, hat sie geantwortet: »Das ist mir egal, immer noch besser als deutsch synchronisiert.« Also wissen Sie, das ist dann schon ein puristischer Pflegefall. Da kann man nichts machen. Und Untertitel, das ist doch auch gerade die Hälfte vom Ei des Kolumbus. Da guck ich doch immer auf den unteren Bildrand, und da steht doch  alles nur in Kurzfassung: »He Sie! Ich komme gleich rüber. Bleiben Sie stehen! Hilfe! Los jetzt! Den schnappen wir uns. Alles in Ordnung? Danke, es geht schon.« Nee, das ist doch nichts. Ich will meine deutschen Synchronsprecher hören. Aber eins ist für mich dabei ganz schrecklich. Ich weiß nicht, wie das anderen geht, weshalb ich noch mal auf dieses Thema komme. Wenn ein spezieller Schauspieler plötzlich von einem anderen Sprecher synchronisiert wird, bricht bei mir eine Welt zusammen. Das ist ganz furchtbar, und ich komme völlig durcheinander. Das ist dann für mich nicht mehr der Columbo. Und der ganze Film ist für mich wertlos. Oder die Serie mit Quincy. Genau dasselbe: Der Synchronsprecher lebt nicht mehr, und jetzt habe sie einen neuen. Der ist nicht schlecht, aber für mich ist der nicht der Gerichtsmediziner Dr. Quincy: »Sam, dann wolln wir uns mal den japanischen Schwertfisch vornehmen.« Das ist wirklich schade! Wie gesagt, die Geschichte ist nicht lebenswichtig, aber die übrige Serie ist für mich dann gestorben.




© Chris Rasche-Hüsch
Veröffentlichung aus "Es kommt immer was dazwischen" in den Musenblättern mit freundlicher Genehmigung